Mehr Unfälle im Land Brandenburg: Zahl der Verkehrstoten steigt um 22 Prozent

Potsdam - Im bundesweiten Vergleich ist das Land Brandenburg nun wieder das Schlusslicht bei der Zahl der Verkehrstoten – jedenfalls, wenn es um die Toten pro eine Million Einwohner geht. Diese Zahl stieg in Brandenburg auf 59. Damit bildet das Land nun mit Sachsen-Anhalt das traurige Ende dieser Tabelle. Die wenigsten Verkehrstoten pro eine Million Einwohner werden klassischerweise in Stadtstaaten gezählt, am relativ sichersten ist Berlin mit 10 Toten.

„Das ist insgesamt keine gute Entwicklung“, sagte Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) am Montag in Potsdam bei der Präsentation der Unfallstatistik für das Jahr 2017. „Damit können wir alle nicht zufrieden sein. Häufigste Unfallursachen sind leider wieder überhöhte Geschwindigkeit und das Missachten der Vorfahrt.“

Langfristig positiver Trend

Insgesamt scheint einiges im Brandenburger Straßenverkehr anders zu laufen: Bundesweit sank die Zahl der Verkehrstoten im Vergleich zum Vorjahr um fast ein Prozent, in Brandenburg stieg sie um ungewöhnliche 22,3 Prozent – von 121 Verkehrstoten auf 148. Und auch in anderen Bereichen gibt es eine gegenläufige Entwicklung zum Trend: Bundesweit sank die Zahl aller Verkehrsunfälle um zwei Prozent, in Brandenburg stieg der Wert allerdings um 3,3 Prozent.

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Im Bund ging die Zahl der Verletzten bei Verkehrsunfällen um zwei Prozent zurück, in Brandenburg wiederum stieg dieser Wert um ein halbes Prozent.
Der Innenminister und die Polizei betonen aber den langfristigen positiven Trend. Denn seit fast drei Jahrzehnten gibt es einen klassischen Abwärtstrend bei den Verkehrstoten in Brandenburg. Die Zahl sank erfreulicherweise 22 Jahre lang von 976 Toten im Jahre 1994 auf 139 im Jahr 2014. Im Jahr danach waren dann 40 Verkehrstote mehr zu beklagen, 2016 waren es dann wieder 58 weniger und nun wieder 27 mehr.

„Eine schlüssige Erklärung für diese Schwankungen gibt es bislang nicht“, sagte Lothar Wiegand, Sprecher des Innenministeriums. Aber dies sei auch kein rein brandenburgisches Phänomen, denn auch in vier anderen Flächenländern – Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen – gab es 2017 mehr Verkehrstote als im Jahr davor. „Bei den Verkehrstoten gibt es nichts zu beschönigen“, sagte Wiegand. Aber eine Sache sei auch klar: Je mehr der nach dem Ende der DDR noch sehr hohe Wert gesenkt werden konnte, umso schwieriger wird es, ihn weiter zu reduzieren.

Verkehrsexperten sagen, dass die Zahl der Verkehrstoten immer auch stark vom Zufall abhängt, also davon, ob bei einem Unfall jemand „nur“ schwer verletzt wird oder doch stirbt. Deswegen schwanken die Zahlen durchaus. So wurde vor einigen Jahren in Brandenburg zum Beispiel viel Geld in Leitplanken an Alleen investiert.

Dadurch sank zwar nicht die Zahl der Baumunfälle insgesamt, aber immerhin 2015 die Zahl der Getöteten um beachtliche 60 Prozent. Nun allerdings stieg ausgerechnet die Zahl der Toten bei Baumunfällen im vergangenen Jahr wieder dramatisch an um 70 Prozent. Die Landesregierung hat die 14 Landkreise aufgefordert, dass sie für ihren jeweilen Bereich prüfen, wo an Alleen ein Tempolimit von 70 Stundenkilometern eingeführt werden soll. Aber offenbar kam bislang nur eine kleine Zahl von Kreisen dieser Aufforderung nach.

Denn es kommt wieder zu einem klassischen Dilemma: Eigentlich wollen alle weniger Verkehrstote, aber Tempolimits sind nun mal auch sehr unbeliebt. Genau wie Verkehrskontrollen. Hauptunfallursachen sind: die Raserei etlicher Autofahrer, das Nichtbeachten der Vorfahrt, zu wenig Sicherheitsabstand, das Telefonieren mit dem Handy beim Fahren sowie Alkohol und Drogen am Steuer. 

Polizei will hohen Kontrolldruck

Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke sagte: „Die Bekämpfung der Hauptunfallursachen wird mit hohem Kontrolldruck auch zukünftig weiter im Mittelpunkt der Verkehrssicherheitsarbeit der Polizei stehen.“ Alle Beteiligten an der Verkehrssicherheitsarbeit müssten ihre Anstrengungen forcieren. Mörke sprach nicht nur von Bestrafung und Aufklärung, sondern auch um Investitionen in die Infrastruktur wie Leitplanken sowie Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung.

„Es ist eine Daueraufgabe, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen“, sagte der Polizeipräsident. „Aber dies ist nicht zuletzt auch eine Aufgabe für die Verkehrsteilnehmer selbst.“ Er verwies auf die Ergebnisse der Verkehrskontrollen. Danach stieg die Zahl der Geschwindigkeitsverstöße um mehr als drei Prozent auf nun 1,6 Millionen.