Messe Eurobike: Das sind die Fahrrad-Trends für 2015
Es wirkt sehr amerikanisch, dieses „Fatbike“. Schon der Name lässt das Bild eines Monster-Trucks mitschwingen. Seine Erscheinung tut es auch: herkömmliche Karosserie (hier der Rahmen eines Mountainbikes) auf überdimensionierten Reifen. Die Pneus des „Fatbikes“ sind so dick wie die Oberarme eines Bodybuilders. Wofür? Um dorthin zu fahren, wo man eigentlich andere Fahrzeuge braucht: ins Wattenmeer, auf die Schneepiste oder in die Wüste. Und wenn die Muskeln nicht mehr wollen, hilft der eingebaute Elektroantrieb. Die Idee dazu kommt tatsächlich aus Alaska.
Das motorisierte „Fatbike“ ist einer der neuesten Fahrrad-Trends, den Branchenvertreter am Dienstag in der Kalkscheune in Mitte präsentieren, fünf Wochen vor der großen Messe Eurobike. Einige Prototypen sind dabei, deren Teile gerade erst aus dem 3D-Drucker kommen, wie es heißt. Viele der Räder sind ab 2015 erhältlich, einige aber auch schon ab diesem Spätsommer. Ähnlich wie die Autoindustrie, das zeigt sich deutlich, setzen die Fahrradhersteller immer stärker auf Differenzierung. In der Kategorie „geländetauglich“ etwa gibt es längst nicht mehr nur das schnöde Mountainbike, sondern auch Zwischentypen wie „Enduro“, „Crosscountry“ und „Freeride“.
Stark, aber schwer
Der größte Trend bleibt der Elektroantrieb. Glaubt man den Fahrradbauern, gehört die Zukunft den Pedelecs. Für ältere Menschen und im Stadtverkehr unzweifelhaft praktisch, zieren die dicken Akkupakete aber mittlerweile auch Rahmen von Mountainbikes, Sporträdern also. „Es geht auch darum, Belastungsspitzen rauszunehmen“, erklärt Gunnar Fehlau, Geschäftsführer von pressedienst-fahrrad, einem Branchen-Informationsdienst von 50 Herstellern und Vereinen. Das Gefährliche beim Ausdauersport seien ja die kurzen Momente extremer Anstrengung.
Die Strapazen beim Erklimmen eines Berges dürften mit dem E-Mountainbike „Sduro HardNine RC“ von Haibike tatsächlich gelindert werden. Schon im kleinen Innenhof der Kalkscheune kann das Bike mit dem 250-Watt-Antrieb von Yamaha sein starkes Drehmoment von 70 Newtonmetern unter Beweis stellen. In weniger als drei Sekunden ist man – mit Tretunterstützung – bei 20 Stundenkilometern. Das Gewicht von 20,4 Kilogramm ist da schnell vergessen.
Bis man die Kilos wieder spürt, ist es aber nicht weit. Nach geschätzt 50 Kilometern ist der Akku leer. Und mancher Fahrer dürfte sich dann fragen, warum er zwischen 2000 und 2900 Euro für ein Mountainbike ausgegeben hat, das fast doppelt so schwer ist, wie die schöde, unmotorisierte Variante.
Neue Entwicklungen versprechen die Hersteller auch bei den typischen Stadträdern. Die Pedelec-ausführungen werden ausdauernder, leichter und ein wenig kostengünstiger. Für den Großstädter mit kleiner Wohnung und wenig Platz gibt es das E-Bike „Pony“ von Blue Label, ein kleiner, wendiger Cityflitzer. Mit den kleinen 20-Zoll-Reifen erinnert er an das ästhetisch eher unprätentiöse Faltrad aus den 70er- Jahren. Dafür kommt das „Pony“ mit mächtiger Ausstattung: einstellbar auf fast alle Körpergrößen, Federgabel, Scheibenbremsen und ein Motor für bis zu 45 Stundenkilometer Spitzentempo. Mit bis zu 3 500 Euro hat es allerdings einen stolzen Preis.
Ein wahrer Hingucker in der Kalkscheune ist das „IA FRD LTD“ von Felt, ein Carbon-Renner mit Star-Wars-Qualitäten. Aerodynamisch geformt wie ein Raumschiff steht es da. Kaum einer traut sich, es zu berühren. Aber Hochheben lohnt: 8,65 Kilogramm leicht ist das Triathlonrad mit dem eigens im Windkanal gestalteten Rahmen. Dieses Gewicht kann man fast schon mit dem linken Zeigefinger heben.
Carbon-Racer für 12.000 Euro
Mit diesem Rad holte Mirinda Carfrae 2013 den Ironman-Sieg auf Hawaii. Es ist die Top-Variante, zu der auch – neuester Schrei – eine elektrische Schaltung gehört. Mit ihrem astronomischen Preis von 12.000 Euro dürfte dieses Modell allerdings für die wenigsten erschwinglich sein. Wem eine mechanische Schaltung genügt, der zahlt nur 5 250 Euro. Fast schon ein Klacks.
Ultra-leichte Rahmen gibt es heute auch bei Mountainbikes. Das „Freed“, ein Carbon-Race-Rad von Haibike, wiegt gerade einmal 9 Kilogramm und dürfte damit zu den leichtesten seiner Kategorie gehören. „So niedrige Gewichte gab es bis vor Kurzem nur bei Rennrädern“, sagt Gunnar Fehlau. Auch dieses Rad gibt es mit elektrischer Schaltung, der ersten, die es für Mountainbikes überhaupt gibt. Sie sei schneller und effizienter, sagt Fehlau.
Viele dieser High-End-Trends sind für den Einsatz in der Stadt sicherlich nur bedingt relevant. Doch Gunnar Fehlau kann sogar dem „Fatbike“, diesem Extrem-SUV unter den Velos, etwas für Berlin abgewinnen: „Wenn im Winter wieder einmal der Schnee nicht geräumt wird, hast du damit den großen Auftritt.“