Michael Müller über Berlins Wachstum: Berlin platzt aus allen Nähten

Berlins Attraktivität ist ungebrochen, es ziehen weiterhin mehr Menschen in die Stadt als die Planer erwartet haben. Wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) im Gespräch mit der Berliner Zeitung ankündigte, muss der Senat seine Annahmen zur längerfristigen Bevölkerungsentwicklung deshalb erhöhen. „Es zeichnet sich ab, dass wir die Prognose leicht nach oben anpassen werden“, sagte Müller. Konkrete Zahlen nannte er nicht.

Die aktuell vorliegende Bevölkerungsprognose des Senats ist drei Jahre alt und wird zurzeit mit Hilfe des Statistischen Landesamts überarbeitet. Die neuen Daten sollen in wenigen Wochen vorliegen. Bisher ging die Landesregierung davon aus, dass die Zahl der Berliner bis zum Jahr 2030 um gut 250.000 auf rund 3,76 Millionen zunehmen wird. Das entsprach der so genannten mittleren Variante, die die Statistiker ausgerechnet hatten. In der oberen Variante sagen die Bevölkerungsexperten bisher ein Wachstum auf rund 3,91 Millionen Einwohner voraus. Diese Zahl hatte der Senat 2012 jedoch als zu unwahrscheinlich verworfen.

Anschließend stellte sich aber heraus, dass der starke Zuzug vor allem aus dem Ausland anhält. Im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre stieg die Zahl der Einwohner jeweils um 45.000. Ende 2014 lebten laut Statistischem Landesamt 3,56 Millionen Menschen in der Hauptstadt.

Mit einer Anpassung der Bevölkerungsprognose würde der Senat faktisch anerkennen, dass vor allem der Druck auf den Berliner Wohnungsmarkt weiter zunimmt und die Politik darauf reagieren muss. Im vergangenen Jahr wurden in der Stadt rund 10.000 Wohnungen neu gebaut, vor allem von Privatinvestoren. Zugleich hat das Land seinen Bestand an Wohnungen im öffentlichen Eigentum auf etwa 300.000 erhöht. „Die sportliche Aufgabe ist nun, diesen Prozess über die nächsten zehn, 15 Jahre zu verstetigen“, sagte der Regierende Bürgermeister. Er hält es also für erforderlich, dass über einen langen Zeitraum jährlich rund 10.000 Wohnungen entstehen und die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen ihren Bestand auch durch Zukauf weiter erhöhen.

„Wir müssen weiter am Schuldenabbau arbeiten“

Müller räumte ein, dass die Entwicklung den Berlinern auch Sorgen mache. „Aber man kann das Wachstum ja nicht einfach wegbeschließen“, sagte er. Außerdem nehme die Stadt dadurch mehr Geld ein und könne diese Mittel auch anderswo investieren: in Schulen, Universitäten und Kultureinrichtungen, in den öffentlichen Nahverkehr oder für mehr Personal in der Verwaltung. Damit machte Müller deutlich, dass der Senat sich in der bevorstehenden Aufstellung des Landesetats für 2016 und 2017 klar auf Investitionen in die Infrastruktur konzentrieren will. Zugleich müsse der Haushalt saniert werden. „Wir müssen weiter am Schuldenabbau arbeiten, denn die Zinssituation wird nicht zwangsweise so günstig bleiben wie sie jetzt ist“, sagte er. Obwohl der Senat zuletzt regelmäßig tilgen konnte, ist die Stadt weiter mit über 60 Milliarden Euro verschuldet.

Mit Blick auf die Haushaltsverhandlungen versuchte Müller, die Ausgabenwünsche auch innerhalb seiner SPD/CDU-Koalition zu bremsen. „Wir können nicht allen alles versprechen“, forderte er und verwies etwa auf den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, an den Berlin gebunden sei. Er koste das Land ab 2017 rund 300 Millionen Euro zusätzlich im Jahr. Skeptisch äußerte Müller sich etwa zur Forderung der SPD, die Krippen-Gebühren abzuschaffen.