Mietendeckel in Berlin: Senatorin Katrin Lompscher (Linke) bekräftigt Pläne

Berlin - Wer erwartet hatte, dass Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) nach der Mietendeckel-Debatte am Wochenende abgekämpft aussah, wurde eines besseren belehrt. Gelassen wünschte sie den Journalisten bei der Pressekonferenz zum Jahresbericht 2018 zur Kooperationsvereinbarung „Leistbare Mieten, Wohnungsneubaut und soziale Wohnraumversorgung“ erst einmal einen guten Morgen – um dann direkt zum hitzig diskutierten Thema zu kommen: Dem Mietendeckel.

Mieten für fünf Jahre einfrieren

Denn am Wochenende wurde ein vertrauliches Papier der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen bekannt, das Mietobergrenzen im Rahmen des Mietendeckels benennt. Der vom Senat beschlossene Mietendeckel soll die Mieten für fünf Jahren einfrieren, Lompschers Haus erarbeitet aktuell an einem Gesetzesentwurf.

Demnach sollen Berliner Mieter, die in einem nach 2014 bezugsfertig gewordenen Haus leben, nicht mehr als knapp acht Euro pro Quadratmeter monatlich für die Netto-Kaltmiete zahlen. Je nach Alter und Ausstattung ist von maximalen Kaltmieten von 3,42 bis 7,97 Euro die Rede. Zudem soll es die Möglichkeit geben, die Mieten zu senken, wenn sie über dieser Deckelung liegt.

Die Vorschläge aus dem internen Papier wurden von allen Seiten scharf kritisiert –  vor allem der Opposition, der Industrie- und Handelskammer (IHK) und der Wohnungswirtschaft. Die SPD versuchte, die konkreten Zahlen aus dem Papier und die Diskussion zu beruhigen.

Papier war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt

Lompscher betonte am Montag, dass das Papier ein Zwischenstand sei, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war.  Ende der Woche solle es eine erste interne Anhörung geben. „Wir befinden uns in einem Arbeitsprozess. Es laufen enge Abstimmungen mit Experten, mit Mitgliedern aus den Koalitionsfraktionen und Vertretern der Wohnungswirtschaft“, betonte Lompscher. Der gesamte Prozess werde juristisch und wohnungswirtschaftlich begleitet.

Es sei klar, dass man mit dem Mietendeckel Neuland betrete. „Aber ich erinnere daran, dass die Eckpunkte zum Mietendeckel im Senat beschlossen worden sind. Diesem Auftrag folgen wir und bereiten nun einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor“, so Lompscher weiter.

Lücke zwischen Einkommen und Mieten wächst

In Berlin werde die Lücke zwischen Einkommen und Mietenentwicklung immer größer.  Das Land Berlin habe sich mit dem Mietendeckel dazu entschieden zu handeln, da die Menschen „Angst haben, sich ihr Dach über dem Kopf nicht mehr leiste zu können“, sagte die Bausenatorin.  Es ginge um den „sozialen Zusammenhalt“.

Die Mieterhöhungen des Immobilienunternehmens Deutsche Wohnen hätten gezeigt, dass der Markt sich eben nicht selbst reguliere. „Wir werden weitere Maßnahmen ergreifen, um dem  Mietenwahnsinn Einhalt zu geben. Wir wollen ein Stoppzeichen setzen gegen Spekulation  für leistbare Mieten und die soziale Mischung der Stadt“, erklärte Lompscher.

Die hitzige Debatte um diese ersten konkreten und strittigen Ausgestaltungsversuche des Mietendeckels, der die Mieten in Berlin für fünf Jahre einfrieren soll, hat auch den Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) dazu veranlasst, sich einzuschalten. Müller – derzeit  auf Delegationsreise in Peking  unterwegs – sagte, dass es sich bei dem Papier  „weder um eine Senatsvorlage, noch um einen Gesetzesentwurf“ handle.

„Dem Senat liegt bisher nichts vor. Die zuständige Fachverwaltung wurde im Juni mit der Ausarbeitung eines rechtssicheren Gesetzesentwurfes zum Mietendeckel beauftragt. Auf diesen Vorschlag warten wir“, ließ Müller wissen. Sobald dieser  vorliege, müsse er von der Innen- und Justizverwaltung auf die Rechtskonformität geprüft sowie anschließend im Senat und Abgeordnetenhaus diskutiert werden, so Müller weiter.

Christian Gaebler (SPD), Chef der Berliner Senatskanzlei, sagte, dass der Schwerpunkt des Berliner Mietendeckels auf der Begrenzung der Miethöhen liege. „Inwieweit eine Absenkung möglich ist, muss geprüft und dann auch rechtssicher umgesetzt werden“, machte Gaebler klar.

Jörg Franzen, Vorstandsvorsitzende der Gesobau AG und Sprecher der landeseigenen Wohnungsunternehmen erklärte, dass er sich noch nicht durchgerechnet habe, wie sich eine solch radikale Deckelung auch für die landeseigenen Wohnungsunternehmen auswirken könnte. „Ich werde mich da aber nicht weiter politisch äußern und die Senatorin in die Pfanne hauen“, sagte er.

Die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen hatten sich 2017 mit dem Senat im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung unter anderem darauf geeinigt,  die Miete bei laufenden Verträgen nicht mehr als zwei Prozent pro Jahr zu erhöhen. Sie lag 2018 sogar  unter der Höchstmarke  - bei 1,4 Prozent zum Vorjahr. Franzen betonte jedoch auch, dass man Geld für Investitionen bräuchte.

Am Montag schaltete sich auch Innensenator Andreas Geisel (SPD) in die Debatte ein.  Denn eigentlich war der Mietendeckel eine Idee der SPD. Die neuen Zahlen zum Mietendeckel aus dem Haus Lompschers haben so einige Genossen in Erklärungsnot gebracht. Geisel sagte: „Rot-Rot-Grün hat sich bewusst dafür entschieden, die Mietpreistreiber zu stoppen. Unser gemeinsames Ziel ist klar: Die spekulative Gier auf dem Wohnungsmarkt muss gestoppt werden. Doch auf dem Weg dorthin dürfen „wir das Augenmaß aber nicht verlieren“. „Nicht der radikalste Vorschlag ist der beste, sondern der wirksamste Vorschlag“, sagte Geisel.

Man bräuchte einen  Mietendeckel, der den Mietern schnell und rechtssicher helfe. „Was wir nicht brauchen ist ein Vorschlag für ein Gesetz, über das jahrelang gestritten wird und das am Ende keinen Bestand vor den Gerichten hat. Die Menschen brauchen heute unseren Schutz vor steigenden Mieten, nicht erst in einem Jahrzehnt nach unzähligen Gerichtsurteilen“, erklärte Geisel.

Unterstützung dafür kam  von Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne). „Wir wollen die Berliner vor zu hohen Mieten schützen. Unbedingt notwendig hierfür ist ein rechtssicherer und umsetzbarer Weg. Die Koalition ist sich einig, dass es dringenden Handlungsbedarf gibt, Spekulation und Mietwucher einzudämmen.“ Zugleich dürften Vermieter, Wohnungsunternehmen, Genossenschaften oder Bauträger nicht  unter Generalverdacht gestellt werden.