Milieuschutz: Wie Berlin-Neukölln Luxussanierungen Einhalt gebietet
Vor dem Haus an der Weserstraße 32 in Neukölln bleibt Tom Küstner auf dem Rundgang durch den Reuterkiez stehen. Auf die frische, hellgelbe Fassade hat jemand mit roter Farbe „Saubere Wand = Hohe Mieten“ gesprüht. Denn saubere Wände haben vor allem die frisch sanierten oder neu gebauten Häuser im Kiez – und dort wohnt es sich teuer.
Um etwa 80 Prozent sind die Mieten zwischen 2008 und 2014 hier gestiegen, wie eine Untersuchung des Neuköllner Bezirksamtes zeigt. Küstner, der in Neukölln aufgewachsen ist, will das nicht hinnehmen. 2013 hat er das „Bündnis für bezahlbare Mieten Neukölln“ mitgegründet. Die Initiative sammelte 3500 Stimmen und forderte mit einem Einwohnerantrag, dass Nord-Neukölln Milieuschutzgebiet wird. Mit Erfolg: Im vergangenen Jahr wurden der Reuter- und der Schillerkiez unter Milieuschutz gestellt, drei weitere Gebiete wurden gerade geprüft. Bald könnte der gesamte Neuköllner Norden Schutzgebiet sein.
Mit dem Milieuschutz sollen Luxussanierungen verhindert werden. Vieles ist untersagt: der Anbau von zweiten Balkonen, ein zweites Bad oder besonders hochwertige Gebäude- oder Wohnungseinrichtungen, wie Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) sagt. Außerdem gilt hier die Umwandlungsverordnung des Landes Berlin, Mietwohnungen dürfen nicht mehr in Eigentum umgewandelt werden. „Das ist das schärfste Schwert“, sagt Blesing.
"Milieuschutz das einzige Instrument auf bezirklicher Ebene"
Für den grünen Bezirkspolitiker Jochen Biedermann war der Milieuschutz ein längst überfälliger Schritt. Es sei kein Allheilmittel, aber „das einzige Instrument, das wir auf bezirklicher Ebene haben.“ Doch die SPD als stärkste Kraft im Bezirk habe dies verschleppt.
Baustadtrat Blesing betont dagegen, dass erst Untersuchungen nötig waren. Rolf Groth vom Fachbereich Stadtplanung zählt auf: die Frage sei, ob hier noch mehrheitlich Häuser stehen, die aufgewertet werden könnten, ob eine große Nachfrage danach vorliegt und ob die dortigen Bewohner sich höhere Mieten leisten könnten.