Mirna Funk: „Man kriegt mich nur mit viel Überredungskraft in die Außenbezirke“
In unserer Fragebogen-Rubrik blicken bekannte Berlinerinnen und Berliner auf ihre Stadt. Heute mit der Schriftstellerin und Journalistin Mirna Funk.

Berlin hat rund 3,7 Millionen Einwohner, sie sind so verschieden wie die Stadt selbst. Was also macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern? In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und ihren persönlichen No-go-Areas. Sie verraten ihre Gastro-Geheimtipps, Shopping-Favoriten und Kiezgeheimnisse. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.
Diesmal hat die in Ost-Berlin geborene Autorin Mirna Funk unsere Fragen beantwortet. Die Urenkelin des berühmten DDR-Schriftstellers Stephan Hermlin lebt mit ihrer sechs Jahre alten Tochter im Scheunenviertel in Mitte, ist aber auch regelmäßig in Tel Aviv. Die 41-Jährige schreibt über ihr Leben zwischen der deutschen Hauptstadt und der israelischen Metropole, aber auch zu Themen wie Feminismus und Antisemitismus.
1. Frau Funk, seit wann sind Sie schon in der Stadt?
Ich bin in Berlin geboren und aufgewachsen. Erst in Pankow, und dann hat es mich direkt nach Mitte verschlagen, wo ich seit 20 Jahren lebe.
2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?
Mitte forever.
3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?
Im Sommer auf meine Dachterrasse und im Winter ins Liquidrom.
4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?
Man kriegt mich nur mit sehr viel Überredungskraft in die Außenbezirke.

2015 erschien ihr viel besprochener Debütroman „Winternähe“, der mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet wurde. In ihrem neuen Buch „Who Cares! Von der Freiheit, Frau zu sein“ (dtv, 112 Seiten, 7,99 Euro) zeigt sich die 41-Jährige genervt von den Debatten um Geschlechterungleichheit, Care-Arbeit und Vereinbarkeit. Ihre jüdische Identität und ihre ostdeutsche Herkunft hätten ihr ein Frauenbild mitgegeben, „das sich von dem des aktuellen Mainstream-Feminismus radikal unterscheidet“.
5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?
Es gibt so viele tolle Läden. Ich gehe super gerne ins Manngo. Das ist ein kleiner Vietnamese in der Mulackstraße. Oder ins Muret La Barba in der Rosenthaler Straße.
6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?
Ich shoppe nur online. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal zum Shoppen meine Wohnung verlassen habe. Das muss locker zehn Jahre her sein.
7. Der beste Stadtteil Berlins ist …
Mitte. Hier begann nach dem Mauerfall Berlin überhaupt Berlin zu werden. Es ist der Kern der Metropole, wie wir sie heute kennen. Das Herz, die DNA, you name it.
8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:
Leute, die auf die Gentrifizierung schimpfen, aber in irgendeiner deutschen Kleinstadt aufgewachsen sind. Nichts ist alberner. Am schlimmsten ist der Augenblick, an dem sie sich beschweren, dass die Häuser alle saniert sind und gar nicht mehr „authentisch“ aussehen. Dann wünsche ich ihnen direkt eine Wohnung mit Außenklo und Ofenheizung, wie das vor 40 Jahren noch Standard war. Im Osten der Stadt jedenfalls.
9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?
Gar nichts. Berlin ist total lebenswert und die Stadt wird sich immer weiterentwickeln, wie sich alles im Leben weiterentwickelt.
10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?
Das muss jeder selber wissen. Wichtig wäre, vorher zu verstehen, dass die Zeiten für billigen Wohnraum vorbei sind. Berlin ist jetzt Metropole. Und dafür ist nicht jeder gemacht.
11. Cooler als Berlin ist nur noch …
Tel Aviv.