Mit Mini-Trumps an der Theke
Unser Kolumnist sieht beim Bäcker etliche Kunden ohne Maske im Verkaufsraum stehen. Und die Verkäuferin hinter der Theke weist sie nicht zurecht. Das gibt ihm zu denken.
Berlin - Vor vier Wochen ging es an dieser Stelle um eine Französische Bulldogge, die von einem Balkon aus alles und jeden ankläfft, solange ihre überzüchtete Pumpe das mitmacht. Nun steht das Tier vor den Stufen zum Bäckerladen, sodass Kunden über sie hinweg steigen müssen. Aufgeregt überstreckt die Dogge ihren Nacken, um ihre Besitzerin im Laden bloß nicht aus den Augen zu verlieren. Die steht vor dem Tresen, fast lehnt sie daran, und reibt sich gerade mit den Fingern an der freiliegenden Nase, ehe sie das Geld übergibt. Ein pandemischer Doppelfail.
Die Infektionszahlen steigen, aber trotzdem standen hier vor zwei Tagen gleich vier Kunden gleichzeitig ohne jeglichen Gesichtsschutz im Geschäft. Es ist leider inzwischen weit verbreitet, dass Geschäftsinhaber ihre Kunden nicht dazu anhalten, eine Maske aufzusetzen. Sofern sie am Eingang mit einem Aushang darauf hinweisen, liegt die Sache schließlich in der Verantwortung der Kunden. Was halt total dämlich ist, denn wie wahrscheinlich wird es wohl sein, dass das Ordnungsamt oder die Polizei vor dem Bäcker steht und aufpasst? Weil nach der eigenen Bestellung just schon wieder ein Mann ohne Maske wartet, bis er an der Reihe ist, scheint eine Nachfrage bei der Verkäuferin angebracht. Die antwortet nicht, sondern fühlt sich wohl ein bisschen ertappt, denn etwas pflichtschuldig greift sie nun selbst zu ihrer Maske.
Wie viele dieser Menschen finden wohl Donald Trump sympathisch? Und wie viele von ihnen lehnen ihn tiefgründig ab? Ob sie verstehen, dass ihr Verhalten sie zu dreisten Mini-Trunps und Realitätsverweigerern macht? Was ist mit der 75-jährigen Nachbarin, die wegen der mangelhaften Bereitschaft anderer zum Masketragen nur noch ungern das Haus verlässt? Es geht ja bei der ganzen Sache um sie und nicht diejenigen, die aus Bequemlichkeit oder Ignoranz ablehnen, für ihren zweiminütigen Besuch beim Bäcker eine Maske aufzusetzen.
Es wäre zielführender, die Verantwortung vom Individuum weg, hin zu den Geschäften zu verlagern: Wer Kunden ohne Maske bedient, muss einen Tag schließen. Fertig. Alternativ könnten Kunden, die sich um das Infektionsgeschehen sorgen, solche Läden natürlich boykottieren. Aber wer will für seine Frühstücksbrötchen schon einen längeren Weg zurücklegen?