Mobilität: AEG-Tunnel in Berlin gilt als erster U-Bahn-Tunnel Deutschlands

Wenn man nach dem Ursprung des Begriffs Berufsverkehr suchen wollte, wäre dafür der südliche Humboldthain ein guter Ort. An der Voltastraße hatte die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft, kurz: AEG, Mitte der 90er-Jahre des neunzehnten Jahrhunderts eine Großmaschinenfabrik errichtet. Um sie mit der Apparatefabrik in der Ackerstraße zu verbinden, baute die AEG einen Tunnel für eine elektrische Röhrenbahn. 295 Meter lang war dieser und sollte Arbeiter und Materialien von einer Fabrik zur anderen transportieren. Berufsverkehr eben, aber es steckte mehr dahinter.

Erster U-Bahn-Tunnel Deutschlands

Der 3,15 Meter hohe und 2,60 Meter breite Parcours unter Berlins Pflaster darf vor allem als der erste U-Bahn-Tunnel Deutschlands gelten. Und tatsächlich war die Unterführung ein Versuchstunnel, mit dem AEG in Berlin den Bau eines U-Bahn-Netzes nach Londoner Vorbild auslösen wollte. Die Stadt wuchs, neue Verkehrsmittel waren gefragt. Am 31. Mai 1897 fuhr auf der Strecke der erste elektrisch angetriebene Zug. Dennoch setzte sich Siemens mit einer preiswerteren Mischung aus Hoch- und Untergrundbahn durch.

Um 1910 wurde der AEG-Tunnel zwar noch einmal um etwa 80 Meter verlängert, der Fahrbetrieb 1915 jedoch eingestellt. Im Ersten Weltkrieg wurden dort Granaten mit Sprengstoff befüllt, im Zweiten Weltkrieg diente er als Werksluftschutzkeller.

Die Berliner U-Bahn stellte indes Siemens aufs Gleis. 1902 rollte hier die erste elektrische Untergrundbahn, die trotz ihrer Bezeichnung vor allem oberirdisch fuhr. Doch das änderte sich bald. 1913 war das Streckennetz bereits auf 37,8 Kilometer ausgebaut, von denen 27 Kilometer unter Tage verliefen. Heute gehören zum Berliner U-Bahn-Netz zehn Linien mit einer Gesamtlänge von 146 Kilometern sowie 173 Bahnhöfen.

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Züge aus Pankow

Aber Berlin nutzt die U-Bahn nicht nur. Berlin baut sie auch. Bei der Firma Stadler in Pankow entstehen derzeit Züge der sogenannten Kleinprofil-Baureihe IK. Berlin ist der zweitgrößte Standort des gleichnamigen Schweizer Mutterkonzerns. Als die Stadler Pankow GmbH im Jahr 2000 als Joint Venture zwischen Stadler und Adtranz gegründet wurde, hatte das Unternehmen knapp 200 Beschäftigte. Mittlerweile sind es 1 300 Mitarbeiter. Nun will Stadler den Standort weiter ausbauen. Aktuell sind Investitionen von bis zu 70 Millionen Euro geplant.

Den ehemaligen AEG-Versuchstunnel kann man übrigens seit etwa zwei Jahren auch wieder besuchen. Der Verein Berliner Unterwelten hat ihn Instand gesetzt und das historische Gleis wieder freigelegt. Besucher erhalten zunächst eine Einführung in die geschichtliche Entwicklung des Geländes, bevor sie den ersten U-Bahn-Tunnel Deutschlands erkunden, der übrigens auch schon zweimal Drehort für die bekannte TV-Serie „Babylon Berlin“ war.