Mobilität in Berlin: Gastbeitrag von Oliver Friederici (CDU): Es fehlt an mutigen Entscheidungen
Ist es richtig, die Berliner dazu aufzufordern, ihr Auto abzuschaffen? Ich meine: Nein, das ist nicht richtig! Verkehrssenatorin Günther darf dafür werben, Zwang oder Pflicht lehne ich jedoch ab. Freiheit gilt auch hier, auch wenn es den linken Verkehrsideologen nicht passt.
Berlin und das nahe Brandenburg befinden sich in einer zweiten Gründerzeit. Bevölkerungs-, Beschäftigungs- und Wirtschaftswachstum bei gleichzeitig sinkender Arbeitslosigkeit sind erfreuliche Fakten unserer Region. Folge ist mehr Verkehr, sowohl innerhalb Berlins als auch zwischen Berlin und Brandenburg. Schon vor einigen Jahren hätten wichtige und mutige Strukturentscheidungen getroffen werden müssen, das erfreuliche Wachstum zu begleiten: durch den gleichberechtigten Ausbau der Verkehrsmittel, Verkehrsflächen und Angebote.
Im Zuckeltempo nach Moabit
Die Verkehrswende, von der immer gesprochen wird, vollzieht sich in Berlin durch die Fakten der verdichteten, wirtschaftlich prosperierenden Großstadt. Innerhalb des S-Bahn-Ringes werden das Fahrrad und der öffentliche Verkehr immer stärker im Vordergrund stehen. Ein Trend aller großen Metropolen – siehe Paris, London, New York, Singapur. Alle diese Metropolen bauen ihr Rad- und öffentliches Verkehrssystem aus, sie entwickeln aber auch ihr Straßennetz weiter: sei es durch den Ausbau radialer und tangentialer Straßenverbindungen, damit die Innenstadt erreicht oder umfahren wird, sei es durch den massiven Ausbau des U-Bahn-Netzes, sei es durch den Bau von Radschnellwegen.
Doch in Berlin wollen die Regierenden nicht verstehen, dass allein durch Bevormundung und Stigmatisierung des Autoverkehrs und der Autofahrer noch lange keine Verkehrswende erreicht wird. Das wird nur gelingen durch den Ausbau des Nahverkehrs, nicht durch die bewusste Verkleinerung der allgemeinen Verkehrsflächen für alle.
Warum hält der Senat stoisch an seinem Plan fest, in der Leipziger Straße eine Straßenbahn zum Potsdamer Platz zu bauen? Weshalb muss die Straßenbahn unbedingt über den Hauptbahnhof hinaus zur Turmstraße fahren? Weil sie kein eigenes Gleisbett bekommen, werden die Züge langsam durch die Straßen zuckeln. Weshalb wird nicht einfach die U-Bahn-Linie U5 nach Moabit verlängert, mit einem leistungsfähigen Anschluss an die U9? Es geht um unseren Berliner Hauptbahnhof! Wieder fehlt es an mutigen Senatsentscheidungen – für den Weiterbau der U5, der U8 ins Märkische Viertel, der U7 zum Flughafen BER, der U3 zum Mexikoplatz oder für die ebenfalls dringend notwendige Verlängerung der U-Bahn zum Ostkreuz?
Eine weitere mutige Entscheidung wäre es auch, wenn die Autobahn A 100 endlich mit dem 17. Bauabschnitt weitergebaut würde vom Treptower Park zur Frankfurter Allee/Storkower Straße. Gemeinsam geplant mit der Elsenbrücke und mit einem zweiten Zentralen Omnibusbahnhof am Ostkreuz – dem bald fünftgrößten Bahnhof in Deutschland. Dieses zu erkennen, mutige Entscheidungen umzusetzen, dazu ist Rot-Rot-Grün in Berlin nicht in der Lage. Der Senat konzentriert sich auf die Innenstadt. In den vergangenen Jahren gab es keinen Austausch mit Brandenburg, keine neuen Park-and-Ride-Parkplätze vor der Stadt, nicht mal eine Erhöhung der Buslinienfrequenzen.
Straßen nicht zupollern
Die Freiheit jedes Einzelnen, sein Verkehrsmittel zu wählen, sollte Aufgabe der Politik sein: durch den Ausbau und die Stabilisierung aller Verkehrsarten, nicht durch Stigmatisierung und Ablehnung ideologisch nicht genehmer Verkehrsarten. Deshalb Wachstum gerade im öffentlichen Nahverkehr: mehr Fahrzeuge und Personal, neue Linien (U-Bahn, Bus und Straßenbahn), natürlich auch des Radverkehrs durch eigene Spuren oder „Highways“, aber nicht, indem Straßen zugepollert werden.
Im Straßenverkehr brauchen wir endlich ein konsequentes Baustellenmanagement, für weniger Staus und schnellere Bauarbeiten. Berlin braucht Telematik und intelligente Ampelschaltungen für flüssigen Verkehr und Fußgängerschutz, braucht den Weiterbau der A 100 und der Tangentialverbindung Ost zwischen Marzahn und Köpenick.
So sieht mutige Metropolenpolitik aus, für die ganze Stadt und multimodal vernetzt, nicht nur für die Menschen im S-Bahn-Ring, nicht nur für diejenigen Radfahrer, denen Berlins Landesregierung gefallen will. Anfangen bitte!
Bisherige Beiträge in der Debatte: Roland Stimpel (24. März).