Jetzt bestätigt: Fahrpreise in Berlin steigen im April um bis zu 17 Prozent
Das Deutschlandticket ist zu teuer? Viele Fahrgäste werden noch einmal rechnen. Denn nun ist klar, was die Fahrkarten für die Hauptstadtregion bald kosten.

Alles wird teurer, auch Fahrten mit Bus und Bahn. Seit dem vergangenen Herbst steht fest, dass die Fahrpreise in Berlin und Brandenburg zum 1. April 2023 um durchschnittlich 5,62 Prozent steigen. Allerdings wurde bisher nicht verraten, wie viel die Tickets für die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die S-Bahn und die anderen Unternehmen künftig im Einzelnen kosten werden. Doch jetzt lässt sich die Wissenslücke schließen, denn die Berliner Zeitung erfuhr, welche neuen Tarife vereinbart wurden. So werden der Berliner Einzelfahrschein, Kleingruppen- und Fahrradmonatskarten überproportional teurer. Bei Stammkundentickets liegen die Aufpreise im Durchschnitt. Am Dienstagnachmittag hat der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) die Informationen bestätigt. Hier ein Überblick.
„49 Euro, nein danke. So viel Geld will ich nicht ausgeben!“ Anders als das temporäre 9-Euro-Monatsticket, das im vergangenen Sommer Furore machte, scheint das als dauerhaftes Angebot gedachte Deutschlandticket nicht auf große Begeisterung zu stoßen. Das neue Abo, das ab Mai 2023 für 49 Euro im Monat in ganz Deutschland im gesamten Nah- und Regionalverkehr gilt, erscheint manchen derzeit als zu kostspielig. Umfragen ergaben, dass die Nachfrage für das Angebot, das auch in Berlin vom 3. April an verkauft wird, ziemlich verhalten ausfallen könnte. Aber das könnte sich ändern.
Denn wenn die Berliner und Brandenburger die neuen lokalen Tarife sehen, werden einige noch mal nachrechnen. Unübersehbar ist, dass der Preisvorteil des bundesweiten Deutschlandtickets im Vergleich zu den Fahrkarten für die Hauptstadtregion größer wird. Selbst das stark ermäßigte Seniorenticket VBB-Abo 65plus kann da nicht mithalten. Besonders attraktiv wirkt das neue Angebot im Vergleich zu den Einzel- und Tagestickets, die sich auf Berlin und Brandenburg beschränken. Hinzu kommt, dass Arbeitgeber das Deutschlandticket ihren Beschäftigten als Jobticket schon für 34,30 Euro pro Monat anbieten können.
Ein Vergleich der Preise und Konditionen ist also angesagt. Doch bisher war das schwer.
Verkehrsverbund hält die Preise seit September unter Verschluss
Zwar stehen die künftigen Fahrpreise schon seit mehreren Monaten fest. So segnete der Facharbeitskreis Tarif und Vertrieb des Verkehrsverbunds VBB die Tarifvorschläge bereits am 11. August des vergangenen Jahres ab. Am 13. September gab der Beirat der Verkehrsunternehmen sein Go, am 16. September auch der Beirat der Gesellschafter, in dem auch die beiden Bundesländer vertreten sind. Am 29. September nickte der VBB-Aufsichtsrat die Tarifanhebung ab – „Tarifmaßnahme“ heißt sie intern.

Verbundsprecherin Elke Krokowski bestätigte auf Anfrage der Berliner Zeitung, dass der Beschluss von September weiter gilt. Doch zu den neuen Fahrpreisen ab April wollte sie bislang nichts sagen: „Details zu den konkreten Anpassungen bei den Tarifprodukten folgen in den kommenden Wochen.“ Dienstag kam die offizielle Pressemitteilung.
Auch Senioren und Azubis zahlen ab April mehr für Bus und Bahn
Der Berliner Zeitung liegen die Tariftabellen vor, die vor vielen Wochen erarbeitet, abgenickt und nun bestätigt worden sind. Danach soll der Preis des Berliner Kurzstreckentickets von zwei auf 2,20 Euro steigen. Das entspricht einer Anhebung um zehn Prozent. Für den Berliner Einzelfahrschein werden statt drei künftig 3,20 Euro fällig. Damit wird dieses Ticket um 6,7 Prozent teurer. Der Preis des Einzelfahrausweises für das Tarifgebiet Berlin ABC, das Berlin und das benachbarte Umland umfasst, wird ebenfalls um 20 Cent angehoben. Statt 3,80 Euro kostet die Fahrt von April an vier Euro.
Die Berliner Vier-Fahrten-Karte, beliebt bei Gelegenheitsfahrern, soll künftig glatte zehn Euro kosten. Das sind 60 Cent mehr als derzeit. Die 24-Stunden-Karte für das Berliner Stadtgebiet verteuert sich auf 9,50 Euro, ein Preissprung um 70 Cent. Das gleiche Ticket für Berlin und das benachbarte Umland wird künftig mit 10,70 Euro zu Buche schlagen. Damit steigt dieser Tarif zu April ebenfalls um 70 Cent.
Besonders drastisch fallen die Aufschläge bei der 24-Stunden-Kleingruppenkarte aus, die von bis zu fünf Fahrgästen genutzt werden darf. Soll sich die Gültigkeit auf das Berliner Stadtgebiet beschränken, werden statt derzeit 25,50 künftig 29 Euro fällig – eine Erhöhung um fast 14 Prozent. Wer mit einem solchen Ticket in Berlin und dem benachbarten Umland unterwegs sein will, zahlt den Planungen zufolge statt 26,50 ab April 31 Euro – das sind sogar knapp 17 Prozent mehr als momentan.
Diskussionen über deutliche Verteuerungen bei Fahrradtickets
Im vergangenen Jahr war diskutiert worden, Fahrgäste, die ihr Fahrrad mitnehmen wollen, deutlich stärker als bisher abzukassieren. So war im September im Gespräch, die Monatskarte Fahrrad Berlin AB, die innerhalb der Berliner Stadtgrenzen gilt, von 11,50 auf 14 Euro zu verteuern. Das wäre ein Preissprung um fast 22 Prozent. Für die Monatskarte Fahrrad Berlin ABC sollten statt 14,50 ab April 17,50 Euro berechnet werden. Das wäre sogar eine Anhebung um immerhin fast 21 Prozent.
Doch dazu wird es nun im April nicht kommen. Die Monatskarte Fahrrad Berlin AB kostet dann 12, die ABC-Version 15 Euro. Der Preis der 24-Stunden-Fahrradkarte für Berlin und Brandenburg bleibt stabil. Das Ticket fürs Gesamtnetz soll weiterhin sechs Euro kosten.
Die Seniorenkarte VBB-Abo 65plus kostet derzeit bei monatlicher Abbuchung 624 Euro, ab April sind es 654 Euro. Für das VBB-Abo Azubi werden heute 384 Euro pro Jahr fällig, künftig 402 Euro. Diese Preise werden unterproportional stark angehoben, hieß es.
Umweltkarte für Berlin wird fünf Euro teurer
Und wie sieht es mit den anderen Zeitkarten aus? Heute kostet die VBB-Umweltkarte als Monatskarte für Berlin 86 Euro – von April an sind es 91 Euro. Das Abo mit monatlicher Abbuchung wird sich von 761 auf 802,80 Euro verteuern. Der Preis der Monatskarte Berlin ABC steigt von 107 auf 114 Euro. Wird dieses Ticket als Jahresabo mit monatlicher Abbuchung erworben, erhöht sich der Tarif von 1008 auf 1056 Euro. Dafür könnte man schon fast zwei Deutschlandtickets finanzieren – die dagegen in ganz Deutschland gelten, also etwa auch für Ausflüge an die Ostsee oder für Touren am Urlaubsort.
Allerdings wird es bei dem neuen bundesweit geltenden Abo nicht erlaubt sein, andere Fahrgäste oder gar Fahrräder kostenlos mitzunehmen. Auch muss dem Vernehmen nach jeder Fahrgast ab 6 Jahren ein eigenes 49-Euro-Ticket haben. Deshalb lohnt es sich zu prüfen, ob eine Umweltkarte des Verkehrsverbunds am Ende nicht doch attraktiver ist.
Denn für diese Tickets gilt eine Mitnahmeregelung. Derzeit sieht sie so aus, dass jeder Karteninhaber montags bis freitags von 20 Uhr bis 3 Uhr des Folgetages sowie am Wochenende und feiertags ganztägig einen Erwachsenen sowie bis zu drei Kinder gratis mitnehmen darf. Im Verkehrsverbund ist diskutiert worden, diese Regelung zu verändern – und den Zusatznutzen für Stammkunden dadurch deutlich zu erweitern.
Vorschlag: Gratis-Mitnahme soll schon ab 17 Uhr gelten
Ein im vergangenen Herbst debattierter Vorschlag lautet, dass die kostenlose Mitnahme montags bis freitags bereits ab 17 Uhr erlaubt wird. Im Gegenzug würde diese Vergünstigung aber nur noch für Stammkunden gelten – also für Fahrgäste, die Umweltkarten im Abonnement oder als Jahreskarte gekauft haben oder ein Firmenticket besitzen. Wer eine Sieben-Tage- oder eine einzelne Monatskarte hat, soll nach diesem Konzept nicht mehr in den Genuss der Mitnahmeregelung kommen. So lautete die Idee.
Debattiert wurde nach Informationen der Berliner Zeitung auch, Umweltkarten-Abonnenten und Firmenticketinhabern die Möglichkeit zu geben, an drei Wochenenden im Juni, Juli und August ihr Ticket in ganz Berlin und Brandenburg zu nutzen – ohne Aufpreis als Ausflugs-Flatrate. Beide Ideen wurden aber nicht weiter verfolgt.
Auch innerhalb des Landes Brandenburg werden Tickets teurer. So steigt der Preis eines Einzelfahrausweises AB in Brandenburg an der Havel, Frankfurt (Oder) und Cottbus von 1,90 auf 2,10 Euro. Die Monatskarte ABC für diese drei Städte verteuert sich um drei auf 69 Euro. Deutlich stärker fallen die Tariferhöhungen in der Landeshauptstadt Potsdam aus. So wird dort der Tarif der 24-Stunden-Karte um 50 Cent auf 5,20 Euro angehoben. Für die Monatskarte für Potsdam AB werden statt 43,40 künftig 48 Euro fällig. Mit einer durchschnittlichen Preissteigerungsrate von 7,4 Prozent werden die Fahrgäste in Potsdam deutlich stärker belastet als Nahverkehrsnutzer anderswo.
Brandenburger Verkehrsunternehmen wollten Tarife schon im Januar anheben
Seit dem 1. Januar 2021 sind die Tarife stabil, doch Löhne und Energiekosten sind stark gestiegen. Wie berichtet, haben vor allem die Brandenburger Nahverkehrsbetriebe, die von ihrer Landesregierung traditionell kurz gehalten werden, lange darauf gedrängt, dass die Fahrpreise angehoben werden. Ursprünglich sollten die Tarife bereits zum 1. Januar 2023 steigen. Doch weil die Diskussion über das heutige Deutschlandticket im Herbst noch andauerte, wurde die „Tarifmaßnahme“ auf April 2023 verschoben. Die Brandenburger haben das grummelnd akzeptiert. Doch länger warten wollen sie nicht.
Sie haben auch mehrmals deutlich gemacht, dass das in Berlin auf Vorschlag der SPD eingeführte 29-Euro-Monatsticket aus dem Programm genommen werden muss. Das ist der Grund, warum der Aufsichtsrat des Verkehrsverbunds im Dezember beschlossen hat, dass das lokale Angebot als „Brückenlösung bis zur Einführung des Deutschlandtickets“ maximal bis zum 30. April 2023 verlängert werden kann. Dann soll Schluss damit sein.
Trotz Versprechungen: 29-Euro-Ticket wird wohl auslaufen
Zwar warb die SPD vor der Wiederholungswahl am Sonntag dafür, dass das 29-Euro-Ticket in Berlin auf Dauer angeboten wird. Doch eine Garantie, dass es über den 30. April 2023 hinaus bleibt, gibt es nicht, wie jetzt erneut deutlich geworden ist.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) und Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) kamen in der vergangenen Woche überein, eine langfristige Tarifstruktur zu schaffen, die „attraktive Anschlusslösungen“ für das 29-Euro- und das 9-Euro-Sozialticket umfasst. Jaraschs Verwaltung soll dazu ein Gesamtkonzept entwickeln und mit dem Verkehrsverbund abstimmen, hieß es. Damit ist absehbar, dass das Deutschlandticket später im Jahr von preisreduzierten regionalen Angeboten flankiert wird – aber wohl nicht oder nur für kurze Zeit von einem lokalen Berliner 29-Euro-Ticket.
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