„Wir stehen vor einem Scherbenhaufen der Planungs- und Prozesskultur“

Die Präsidentin der Architektenkammer übt nach dem überraschenden Ende des Werkstattverfahrens zum Molkenmarkt scharfe Kritik an der Senatsbaudirektorin.

Molkenmarkt-Viertel mit viel Grün: der Entwurf des Teams aus Kopenhagen/Berlin. 
Molkenmarkt-Viertel mit viel Grün: der Entwurf des Teams aus Kopenhagen/Berlin. os arkiteker/czyborra klingbeil Architekturwerkstatt

Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt gerät nach dem überraschenden Ende des Werkstattverfahrens zum Molkenmarkt, das ohne die Kür eines Siegerentwurfs ausgegangen ist, in die Kritik. „Kreative Ideen und geistig-schöpferische Leistung wurden mit Füßen getreten. Wir stehen vor einem Scherbenhaufen der Planungs- und Prozesskultur“, sagte die Präsidentin der Berliner Architektenkammer, Theresa Keilhacker, am Donnerstag.

„Die Senatsbaudirektorin hat sich mit der Entscheidung, keinen der beiden Entwürfe aus dem Werkstattverfahren zum Sieger zu erklären, über den Auslobungstext hinweggesetzt“, so Keilhacker. Sie verweist dabei auf eine Passage in der Auslobung, in der es heißt: „Als Ergebnis des aufwendigen Qualifizierungsverfahrens soll ein konsensualer Entwurf stehen, der die genannten Herausforderungen löst und von allen Beteiligten mitgetragen wird und umgesetzt werden soll. Dieser wird anschließend die Grundlage für eine Charta für die Entwicklung des Quartiers bilden, die von den Projektbeteiligten einvernehmlich formuliert und anschließend umgesetzt werden soll.“ 

Wie berichtet, war das Werkstattverfahren am Dienstag zu Ende gegangen, ohne dass das Preisgericht eines der beiden Planerteams zum Sieger kürte, die sich zuvor im städtebaulichen und freiraumplanerischen Wettbewerb 2021 als Erstplatzierte für das Verfahren qualifiziert hatten. Die Neugestaltung des Molkenmarkts soll nun auf Basis einer noch zu erarbeitenden Charta und eines Rahmenmasterplans erfolgen. Die Empfehlungen der Jury aus dem Werkstattverfahren sollen lediglich in die Charta einfließen. Keilhacker befürchtet: „Richtig gute Planungsbüros werden sich künftig sehr gut überlegen, ob sie sich an solchen Verfahren beteiligen.“

Planer aus Berlin und Kopenhagen sind enttäuscht

Zwar hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in einer Pressemitteilung vom 1. Dezember 2021 noch erklärt, dass die Jury am Ende des Werkstattverfahrens „eine Empfehlung zur Umsetzung geben wird“. Senatsbaudirektorin Kahlfeldt und die Jury-Vorsitzende Christa Reicher versuchten indes am Mittwoch den Eindruck zu vermitteln, dass es gar nicht vorgesehen war, einen Siegerentwurf zu küren. Kahlfeldt berief sich dabei auf eine Passage in der Auslobung, nach der die Preisrichter zum Ende des Werkstattverfahrens „eine schriftliche Empfehlung für die weitere Bearbeitung der Planungsaufgabe“ geben. Und die Jury-Chefin stellte fest: „Unsere Aufgabe war es nicht, einen Sieger zu küren.“

Ein Team um die Architektin Silvia Malcovati aus dem Büro Bernd Albers (Berlin) und ein Team um das Büro OS Arkitekter (Kopenhagen) mit der Czyborra-Klingbeil-Architekturwerkstatt (Berlin) hatten an dem Werkstattverfahren teilgenommen

Das Team aus Berlin/Kopenhagen, dessen Entwurf bei einer öffentlichen Präsentation mit viel Lob bedacht wurde, kann den Ausgang des Verfahrens nicht nachvollziehen. Die Formulierung in der Auslobung sei „eindeutig“, sagt Marek Czyborra. „Wir sind enttäuscht, dass die Senatsbaudirektorin nun versucht, diese Formulierung umzudeuten. Wir haben sehr viel Zeit in die Arbeit an unserem Entwurf investiert. Hätten wir gewusst, dass es in dem Verfahren lediglich darum geht, den Senat klüger zu machen, wären wir anders an die Aufgabe herangegangen.“