Montessori-Kinderladen Schneckenhaus: Immer mehr Berliner Kitas müssen Eigentumswohnungen weichen
Elena, Nils, Great und Dev gefällt ihre kleine Kita mitten in der Stadt, Sie haben viel Spaß im Toberaum, wälzen sich am Boden und ziehen sich an den stabilen Holzgeräten hoch. Wenig später rennen sie durch die Küche und den Ruheraum hindurch nach hinten hinaus in den von Häusern umschlossenen Krausnickpark, natürlich ist eine Erzieherin mit dabei.
Bald aber soll hier Schluss sei für die kleine Kita. Das Haus und auch die Hochparterrewohnung, in der sich die Kita befindet, sind vor einiger Zeit an einen neuen Eigentümer verkauft worden. Jetzt soll der Altbau richtig saniert werden und danach soll alles in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Kein Wunder bei dieser Lage in der Krausnickstraße in Mitte, in unmittelbarer Nachbarschaft zur großen Synagoge, zum Monbijoupark und zur Museumsinsel.
Zunehmend Probleme für Elterninitiativ-Kitas
„Am 31. Juli läuft unser Vertrag aus“, sagt Anja Kalinka vom Vorstand des Kinderladens, den etwa 20 Kinder besuchen. Es ist ein Montessori-Kinderladen namens Schneckenhaus, freies Spiel ist hier wichtiger Bestandteil, manche Kinder laufen mit bemaltem Gesicht herum. Einen Mittagsschlafzwang für die Kleinen, der anderswo üblich ist, gibt es hier nicht. Die Eltern helfen mit, wo sie können.
Doch gerade solch kleine Elterninitiativ-Kitas haben in der Innenstadt zunehmend Probleme, überhaupt eine Bleibe zu finden. Dabei gibt es davon allein 577 in Berlin, und eigentlich sind sie notwendig, um genug Kita-Plätze für die wachsende Stadt zu schaffen.
Auch in den hippen Gegenden von Kreuzberg und Neukölln gab es in den vergangenen Monaten mehrere Fälle, in denen solchen Kitas der Vertrag nicht verlängert wurden und sie raus mussten. „Kinderläden können nicht die Miete zahlen, die ein angesagtes Café zahlen kann“, sagt Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden.
Im konkreten Fall in Mitte hat der Vermieter den Vertrag zunächst noch mal um ein Jahr verlängert, bis zu diesem Sommer. Doch inzwischen haben Anja Kalinka und ihre Mitstreiter festgestellt, dass es fast unmöglich erscheint, Ersatz zu finden für den 93 Quadratmeter großen Raum in der Krausnickstraße. Dafür zahlt der Verein Montessori-Kinderladen Mitte 1200 Euro Kaltmiete.
Die gelernte Kauffrau Anja Kalinka, deren zwei Kinder die Kita besuchen, hat bereits ausgerechnet, dass der Verein maximal 10 Euro pro Quadratmeter aufbringen kann. Und je höher die Miete, desto mehr muss bei Personal oder Verpflegung gespart werden. Deshalb suchen sie längst nicht nur in Mitte, sondern auch in Wedding, Tiergarten oder Weißensee.
Vier Quadratmeter pro Kind
Doch Geld ist nicht das einzige Problem. Es gibt inzwischen auch sehr viele Auflagen, die eingehalten werden müssen. Die Brandschutzbestimmungen sind verschärft worden, und die Garderobe soll nicht mehr im Flur untergebracht sein. Auch Durchgangszimmer, wie in dem Altbau in der Krausnickstraße, sind nicht mehr gewünscht.
Die pädagogische Arbeit mit den Kindern werde gestört, wenn andere immer durch den Raum laufen. Nachweisen müssen Kita-Betreiber zudem drei bis vier Quadratmeter Nutzfläche pro Kind, je nachdem ob noch eine eigene Freifläche zum Spielen draußen vorhanden ist.
Viel Arbeit machen inzwischen auch die Anträge zur Gründung einer Kita an einem neuen Standort. Die liegen oft wochenlang bei der Kita-Aufsicht. „In der Zwischenzeit ist die Immobilie oft längst anderweitig vergeben“, sagt Anja Kalinka und sucht im Internet nach weiteren Angeboten.