Mysteriöser Mord in Westend: Steuerberater-Witwe ist jetzt Beschuldigte

Im Mordfall Ingo W. geht die Polizei offenbar neuen Hinweisen nach. „Seine Ehefrau gilt inzwischen ebenfalls als Beschuldigte“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, am Montag.
Am Vormittag erschien die Witwe des Ermordeten im Landeskriminalamt. „Sie ließ sich freiwillig erkennungsdienstlich behandeln“, bestätigte ein Polizeisprecher. Die Frau gab ihre Fingerabdrücke und eine DNA-Probe ab und musste sich fotografieren lassen. Auch der 16-jährige Sohn des Ermordeten musste am Montag erstmals eine DNA-Probe abgeben. Die Staatsanwaltschaft hatte zunächst einen richterlichen Beschluss dafür benötigt. So etwas ist nötig, wenn sich Beschuldigte einer freiwilligen DNA-Abgabe verweigern oder deren Erziehungsberechtigte dagegen sind.

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Der mysteriöse Mord ist bis heute ungeklärt. Ein Unbekannter hatte den 49-Jährigen im August in seiner Steuerberater-, Rechtsanwalts- und Notar-Kanzlei an der Leistikowstraße erschossen. Neun Schüsse feuerte er ab, sechs trafen das Opfer in Brust und Kopf. Diese Vorgehensweise spricht eher für große Wut als für einen kalten Profikiller.
Am Montag durchsuchten Ermittler erneut die Räume der Kanzlei, die Ingo W. gemeinsam mit seiner Frau betrieb. Auch Tiefgarage und Keller wurden durchsucht. Die Beamten setzten einen Spürhund ein, der auf Munition spezialisiert ist. Sie suchten nach der Tatwaffe. Die Neun-Millimeter-Pistole, mit der 49-Jährige erschossen wurde, ist noch immer weg.
Zum Zeitpunkt der Tat wollen Zeugen des Verbrechens einen jungen Mann in einem Kapuzenshirt gesehen haben und verwiesen auf die 16- beziehungsweise 18-jährigen Söhne des Opfers. Die jungen Männer wurden deshalb unmittelbar nach dem Mord festgenommen.
Allerdings musste die Polizei sie mangels Beweisen wieder laufen lassen. An ihren Händen fanden Kriminaltechniker keine eindeutigen Pulverrückstände, anhand derer ein Schusswaffengebrauch hätte nachgewiesen werden können. Ein weiteres Gutachten ergab ebenfalls keine Anhaltspunkte, die vor Gericht gereicht hätten, die Verdächtigen zu überführen. Dennoch halten die Ermittler auch die beiden Söhne weiter für verdächtig.
Von einer spektakulären Wende in dem Fall wollen Ermittler angesichts des nun erweiterten Beschuldigtenkreises nicht sprechen. Es gebe noch keinen harten Verdacht gegen einen der Drei. Die Ermittler vermuten als Mordmotiv Streitigkeiten in der Familie. Ingo W. lebte seit einem Jahr von seiner Frau getrennt und soll die Auflösung der gemeinsamen Kanzlei betrieben haben. Zuletzt wohnte er in einer Laube in einer Kleingartenkolonie am Spandauer Damm. Auch seine Eltern erhoben schwere Vorwürfe gegen seine Ehefrau. Zudem zeigten Ingo W. und einer seiner Söhne sich im Mai gegenseitig an. Das Verfahren wurde jedoch im Juli durch die Staatsanwaltschaft eingestellt.

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