Nach Misstrauensantrag: Wowereit kritisiert "die Verantwortlichen"

Berlin - Nach nicht einmal einer halben Stunde war alles klar. Um 9.40 Uhr gab Parlamentspräsident Ralf Wieland (SPD) das Ergebnis bekannt. 147 Abgeordnete hatten ihr Kärtchen in die Wahlurne geworfen - 62 votierten für den Misstrauensantrag, 85 dagegen. Enthaltungen gab es keine. Eigentlich hätte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nur 84 Stimmen bekommen dürfen, denn ein SPD-Mitglied der rot-schwarzen Koalition fehlte an diesem Sonnabend im Abgeordnetenhaus. Die 85. Stimme kam vom fraktionslosen Abgeordneten Dirk Stettner, früher CDU.

Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop, die den Misstrauensantrag initiiert hatte, war zwar eine der ersten, die Wowereit im Plenarsaal gratulierte. Im Foyer, wo zahlreiche Fernsehkameras aufgebaut waren, hielt sie ihre Kritik an ihm jedoch aufrecht. Die Geschlossenheit von SPD und CDU sei rein machttechnisch begründet gewesen, sagte sie. In der SPD gebe es zurzeit niemanden, der die Nachfolge von Wowereit antreten könne. Das ändere aber nichts daran, dass die Opposition kein Vertrauen in den Senatschef habe. "Wir bezweifeln weiter, dass Wowereit die Geschicke der Stadt noch zum Guten wenden kann", sagte Pop.

Wowereit, der in der vergangenen Woche viel Kritik an seiner Kommunikation auch seitens der eigenen Koalition einstecken musste, zeigte sich nach der Sondersitzung offensiv. An der Geschlossenheit von SPD und CDU habe er keinen Zweifel gehabt, "alles andere wäre ja auch fatal", sagte er. Die Opposition habe eine "vermeintliche" Krisensituation ausnutzen wollen und sei damit gescheitert. Der Misstrauensantrag spielte in Wowereit zahllosen Interviews in der Lobby des Abgeordnetenhauses aber fast keine Rolle mehr. Die Journalisten wollten vor allem wissen, wie es auf der Baustelle des Großflughafens BER in Schönefeld weitergehen soll.

Saleh freut sich über Pop

Wowereit sparte nicht mit Kritik an den Managern der Flughafengesellschaft. Technikchef Horst Amann, der vor gut einer Woche von sich aus den Eröffnungstermin für den Flughafen abgesagt hatte, trage als Geschäftsführer auch Verantwortung für das Gesamtprojekt. Dass Amann die Zustände auf der Baustelle in einem Interview als "fast grauenhaft" bezeichnet hatte, "hätte er lieber lassen sollen", so der Senatschef. Die geplante Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz bezeichnete Wowereit nun als überfällig. Vor dem Chaos der vergangenen Woche hatte er stets zu Schwarz gehalten. Der Manager soll am kommenden Mittwoch vom Aufsichtsrat abgelöst werden.

Linken-Fraktionschef Udo Wolf kritisierte vor allem seine Amtskollegin Ramona Pop. Ihr Vorgehen sei taktisch unklug gewesen, sagte Wolf. In einer Krisensituation schweiße ein Misstrauensantrag die Regierungskoalition eher noch zusammen. SPD-Fraktionschef Raed Saleh sprach gar von einem Reinfall der Opposition. "Über die Zuarbeit von Frau Pop habe ich mich gefreut", sagte er.

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