Nach Streit in Friedrichshain: FreeNow-Fahrer fährt absichtlich Fahrradfahrer an

Weil ein Auto auf einem Radweg steht, kommt es zum Streit. Am Ende muss der Radfahrer zum Arzt, das Fahrrad ist unbrauchbar. Unternehmen FreeNow äußert sich. 

Das Freenow-Auto, das am Montag in Friedrichshain in den Unfall verwickelt war. Das Fahrrad ist nur noch Schrott.
Das Freenow-Auto, das am Montag in Friedrichshain in den Unfall verwickelt war. Das Fahrrad ist nur noch Schrott.imago/Stefan Zeitz

Bodo T. will doch nur an dem Auto vorbeifahren, an diesem frühen Montagnachmittag am Bersarinplatz in Friedrichshain. Aber das Auto steht auf dem Fahrradweg, und zwar so ungünstig, dass der Radfahrer nicht vorbeikommt. Er gibt dem Autofahrer Bescheid, dass er hier nicht stehen dürfe, der pöbelt zurück. Weil das Auto aber weiterhin dort steht, klappt Bodo T. den Rückspiegel ein. Der Autofahrer wird darüber so wütend, dass er aufs Gas drückt und den Radfahrer anfährt, sodass dieser drei Meter weit fliegt. 

Fast täglich kommt es zu Zusammenstößen zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern in Berlin. Nicht immer sind sie von Gewalt geprägt, manchmal sind es nur kurze Frotzeleien, mal ein Mittelfinger, mal ein gerufenes „Vollidiot“. Aggressionsstraftaten nennt die Polizei solche Zusammenstöße. Fahrradfahrer fahren auf Fußwegen, Autofahrer stehen auf Radwegen, Fußgänger flitzen noch schnell bei Rot über die Ampel. Immer wieder kommen sich die Verkehrsteilnehmer in die Quere, gerade in Großstädten. 

Doch was am Montag in Friedrichshain passierte, markiert auch eine Eskalation. „Das Auto hat mich auf dem Rad genau mittig getroffen“, sagte Boto T. dieser Zeitung. „Ich lag kurz danach mehrere Meter vor dem Auto und habe in den Sekunden danach eine Erinnerungslücke.“ Was der 43-Jährige noch weiß, ist, dass der Fahrer des Autos anschließend ausstieg und ihn beschimpfte. „Mir war sofort klar, das ist eine Straftat und ich werde jetzt die Polizei rufen.“

Die Polizei war schnell vor Ort, bis dahin hatten sich mehrere Zeugen für diesen Vorfall angefunden. „Die Polizisten nahmen den Fahrer vorläufig fest“, sagt Martin Holweg von der Berliner Polizei, „und beschlagnahmten seinen Führerschein.“ Es handle sich um eine sogenannte Aggressionsstraftat im Straßenverkehr. Gegen den Fahrer wurde Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gestellt.

Der Fahrer war für den Taxidienstleister FreeNow unterwegs. Auf Anfrage sagt das Unternehmen, dass es den Vorfall „sehr ernst“ nehme. Beim Thema Sicherheit und persönliches Verhalten gebe es klare Richtlinien für Fahrer. „Der Verstoß gegen diese Regeln führt zur Sperrung des Fahrers in der App“, teilt ein Sprecher mit. Dadurch erhalte der Fahrer keine Aufträge mehr von FreeNow. Das Unternehmen wählt demnach selbst keine Fahrer aus. Bei der Registrierung stelle das Unternehmen nur fest, ob die Vorgaben für die Arbeit als Fahrer erfüllt sind: Dazu gehören Führerschein, Personenbeförderungsschein sowie ein polizeiliches Führungszeugnis.

„Es ist schlimmer geworden in Berlin“

Boto T. hat mehrere Prellungen am Rücken und am linken Arm davongetragen. Sein Fahrrad sei „komplett Schrott“, sagte er gegenüber der Berliner Zeitung. Er fuhr vom Unfallort direkt zum Arzt und danach zu einem Anwalt. Der Freiberufler wird sich für den Rest der Woche krankschreiben lassen. „Meinem Gefühl nach ist das schlimmer geworden in Berlin“, sagt er. Vor allem, seit freie Taxiunternehmen mit auf den Straßen seien. „Ich habe das Gefühl, denen ist alles egal.“

Dem Fahrradverband ADFC liegen keine Zahlen zu solchen Gewalttaten vor. Sprecherin Solveig Selzer sagt aber, dass sich durch bauliche Maßnahmen solchen Situationen infrastrukturell vorgebeugt werden kann. „Im Mischverkehr kann es leichter zu Konflikten kommen als mit separaten Radwegen“, sagt sie, „die am besten baulich durch Poller, Blumenkübel oder Ähnlichem geschützt sind und bei denen die jeweilige Führung der Verkehrsformen klarer ist.“