Nahverkehr Berlin: Busse und Bahnen in Spitzenzeiten übervoll

Berlin wächst, die Zahl der Fahrgäste auch. Bis zum Jahr 2018 muss das Nahverkehrssystem eine Nachfragesteigerung von rund zehn Prozent bewältigen, sagt Jan Werner vom Center Nahverkehr Berlin (CNB). Er hat im Auftrag des Senats die Perspektiven des öffentlichen Verkehrs untersucht. Sie sind blendend. Bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) werde die Fahrgastzahl, die im vergangenen Jahr knapp 937 Millionen betrug, die Milliardengrenze übersteigen. Auch bei der S-Bahn nehme die Zahl der Reisenden weiter zu – trotz Krise.

„Die Nachfrage steigt, und die angebotene Kapazität stößt bereits heute zunehmend an ihre Grenzen“, warnt Werner. Für Kürzungen des Angebots, wie sie die BVG immer wieder durchspielt, gebe es keinen Grund. Stattdessen müssten mehr Bahnen und Busse fahren.

Nachfrage im Nahverkehr steigt

„Berlin ist eine wachsende Stadt, in vielen Gebieten ist die Zahl der Einwohner gestiegen. Dort wächst auch die Zahl der Familien mit Kindern, die derzeit oder künftig zur Schule fahren“, sagt Verkehrs-Staatssekretär Christian Gaebler (SPD) der Berliner Zeitung. „Zugleich verzeichnen wir eine Alterung der Gesellschaft. Auch dies wird dazu führen, dass die Nachfrage im Nahverkehr zunimmt.“

Doch nicht nur die demografische Entwicklung beschert BVG und S-Bahn immer mehr Fahrgäste. „Der Arbeitsmarkt entwickelt sich positiv, Berufs- und Pendlerverkehr nehmen zu“, sagt Werner. Hinzu komme die steigende Zahl der Touristen, die oft Bus und Bahn fahren.

937 Millionen BVG-Fahrten 2011

Schon in den vergangenen Jahren war der Trend positiv – trotz des Streiks bei der BVG 2008, trotz der S-Bahn-Krise 2009. „Von 2007 bis 2011 stiegen die Fahrgastzahlen bei beiden Unternehmen um 3,6 Prozent“, sagt Werners Mitarbeiter Volker Eichmann.

Nun geht der Anstieg weiter. Im vergangenen Jahr wurde die BVG für fast 937 Millionen Fahrten genutzt – 2018 werden es 103 Millionen mehr sein, so die Prognose des größten kommunalen Verkehrsbetriebs in Deutschland. Die S-Bahn hat im vergangenen Jahr 383 Millionen Fahrgäste befördert – bis 2018 nehme die Zahl um rund 27 Millionen zu, errechnete das CNB.

Schon jetzt sei die BVG gut ausgelastet. Über die gesamte Betriebszeit gerechnet seien alle Sitz- und Stehplätze zu 17,2 Prozent besetzt – in Hamburg zu 15,9 Prozent. Immer öfter würden Kapazitätsgrenzen erreicht. 2008 meldeten BVG-Fahrer in 31.711 Fällen, dass ihr Bus oder ihre Bahn zu 100 Prozent gefüllt seien und Fahrgäste draußen bleiben müssten. Vergangenes Jahr gab es schon 52.056 solcher Meldungen.

Senat will mehr BVG-Verkehr

Jan Werners Fazit: Zusätzliche Bus- und Bahnangebote seien erforderlich. Allein bis 2018 müsse die Zahl der zurückgelegten Kilometer bei der S-Bahn in Berlin um sieben Prozent wachsen, beim Bus um 4,5 Prozent sowie bei der U- und Straßenbahn um drei Prozent. Sonst drohe eine „Abstimmung mit den Füßen“: ein Umstieg auf andere Verkehrsmittel.

Doch eine Abwanderung zum Auto sei nicht gewollt, heißt es im Senat. „Wir sehen aus verkehrspolitischen Gründen keinen Anlass, das Angebot für die Fahrgäste zu kürzen“, bekräftigt Staatssekretär Gaebler. Es müsse „eher mehr als weniger BVG-Verkehr“ geben.