Neonazis in Schöneweide: Polizei sperrt Protestierer aus

Weitgehend unbehelligt von Gegendemonstranten konnten am 1. Mai Neonazis durch Schöneweide marschieren. Dabei waren Tausende Gegendemonstranten da, um gegen den NPD-Aufmarsch zu protestieren. Die Polizei ließ sie jedoch nicht in die Nähe der Nazis, das gesetzlich verbriefte Recht auf Proteste in Ruf- und Sichtweite spielte an diesem Tag keine große Rolle.

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Um keinen Preis wollte die Polizei Blockaden der Aufzugstrecke zulassen. Weil es zahlreiche solcher Aufrufe im Vorfeld gab, verwandelte die Polizei die Ortsteile Nieder- und Oberschöneweide in ein Heerlager. Nach Angaben eines Polizeisprechers waren rund 2000 Beamte im Einsatz.

Zeitweise kreisten über dem Kiez zwei Hubschrauber, Räumpanzer standen bereit und Wasserwerfer der Bundespolizei sowie der „Wawe 10.000“, ein moderner Wasserwerfer den sich die Berliner Polizei neu gekauft hat. Die B 96, eine wichtige Hauptstraße, blieb den ganzen Tag gesperrt. Dies alles, um 480 Neonazis das verfassungsmäßig garantierte Recht auf Demonstrationsfreiheit zu gewähren.

Die Strecke für sie war frei – bis auf einen Vorfall: In der Brückenstraße, wo sich unter anderem die Nazi-Kneipe „Zum Henker“ befindet, sollte der Aufmarsch beginnen. Dort blockierten Demonstranten die Strecke. Ihre Arme steckten in einem Betonklotz. Polizeispezialisten aus Niedersachsen, die solche Aktionen von den Anti-Castor-Demos kennen, lösten das Problem, indem sie die vier samt Block abtransportierten.

Zwei große Gegenkundgebungen bekamen von der Polizei einen weit entfernten Platz zugewiesen, so dass die Neonazis die Proteste kaum noch hörten. Nur in der Siemensstraße waren Protestler relativ nahe an der Nazi-Route. Dort setzte die Polizei dann auch Wasserwerfer ein.

Schon am Vorabend demonstrierten rund 3000 Menschen in Schöneweide gegen Neonazis. Am Tag darauf, bei der Kundgebung des Bündnisses „1. Mai Nazifrei“ ließ sich auch Prominenz blicken, etwa Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD). Auch Rabbiner Daniel Alter war da. Er wurde 2012 selbst Opfer eines antisemitischen Angriffs.

Die SPD-Obfrau im Bundestags-Untersuchungsausschuss zum NSU, Eva Högl, rief in Schöneweide alle Bürger auf, sich gegen Nazis zu stellen: „Wir werden die Stadtteile nicht den Nazis überlassen.“ In Schöneweide hatte es an diesem Tag jedoch den Anschein: Die Gegenproteste waren verbannt. Nur ein paar neugierige Anwohner guckten aus den Fenstern.