Neuer Name, neue Einheiten: Diese Veränderungen bringt die große Polizei-Reform

Berlin - Wer künftig einen Bescheid über ein Verwarngeld oder eine Vorladung zugeschickt bekommt, wird im Briefkopf nicht mehr lesen „Der Polizeipräsident in Berlin“ sondern nur „Polizei Berlin“. Denn Berlins Polizei gibt sich nicht nur neue Organisationsstrukturen, sondern bei der Gelegenheit auch einen neuen Namen, was eher eine Petitesse ist im Vergleich zu den sonstigen Veränderungen, die anstehen.

Derzeit gibt es nach Einschätzung von Innensenator Andreas Geisel (SPD) zu viele Organisationseinheiten. Durch die veränderte Sicherheitslage stellen sich, so Geisel, auch andere Anforderungen an die Polizei. „Wir wollen die Präsenz der Polizei an den Brennpunkten deutlich verbessern, die Abläufe straffen und klare Zuständigkeiten schaffen“, sagte Geisel am Montag im Innenausschuss.

Hauptstadt-Polizei: 125 zusätzliche Leute für Berlins Brennpunkte

Bereits ab Freitag werden erste Schritte der Strukturreform umgesetzt. Dann arbeiten Bereiche wie Personal oder Service in neuen Strukturen. Nach und nach wird es auch einen neuen Gebietszuschnitt geben, bis hin zur Änderung der Bezeichnungen für Direktionen und Abschnitte. Im kommenden Jahr soll es nur noch fünf örtliche Direktionen geben: Direktion 1 – Nord, Direktion 2 – West, Direktion 3 – Ost, Direktion 4 – Süd und die Direktion 5 – City. Die Bildung der City-Direktion aus Abschnitten von drei bisherigen Direktionen gehört zu den Kernstücken der Strukturreform. Die Beamten dort werden zuständig sein für die Orte, an denen die Kriminalität besonders hoch ist: wie den Alexanderplatz, das Kottbusser Tor, den Hermannplatz, den Görlitzer Park und das Partygelände RAW an der Warschauer Brücke. Dort sind Drogendeals, Diebstähle, Prügeleien und Hütchenspieler an der Tagesordnung.

Um diese Orte soll sich eine spezielle Einheit kümmern. Sie besteht aus 125 zusätzlichen Leuten und soll dauerhaft an den Brennpunkten eingesetzt werden. Keinesfalls soll sie bei Staatsbesuchen oder Alarmhundertschaften eingebunden werden. Dadurch, so begründete Polizeipräsidentin Barbara Slowik, werde die Bereitschaftspolizei entlastet. 40.000 Einsatzkräfte-Stunden sollen dort angeblich frei werden, die dann für den Rest der Stadt zur Verfügung stehen. Die neue Brennpunkt-Einheit werde sogar 110.000 Einsatzkräftestunden aufbringen, die Polizeipräsenz also mehr als verdoppelt. Die Einheit soll aus Neulingen und erfahrenen Beamten bestehen. Am 1. Januar soll die erste Truppe von 60 Mann stehen, ab April soll sie ihre volle Stärke haben.

Neue Führungsebene: Einzelne Direktionen sollen Landespolizeidirektion unterliegen

Berlins Polizeibehörde hat zahlreiche Reformen hinter sich. Mit jedem Polizeipräsident kam auch eine neue Reform. Unter dem damaligen Polizeipräsidenten Dieter Glietsch wurde im Jahr 2003 das Landesschutzpolizeiamt abgeschafft. Mit ihm entfiel auch eine Hierarchieebene, die über den örtlichen Direktionen und dem Landeskriminalamt lag. Künftig wird es aber eine Landespolizeidirektion geben. Sie soll den täglichen Dienst koordinieren und von zentraler Stelle die Kräfte steuern. Ihr sollen die einzelnen Direktionen unterstehen. Die Führungsebene werde aus dem Personal vorhandener Leitungsstäbe rekrutiert, es gebe keine neuen Stellen, versicherte Slowik, um Befürchtungen entgegenzutreten, es könnte sich ein neuer Wasserkopf auf der Führungsebene bilden.

Die bisherige Direktion Einsatz, die die Bereitschaftspolizei steuert, soll gründlich entschlackt werden. Sie hat heute rund 6.000 Mitarbeiter. Darunter sind nicht nur die drei Bereitschaftspolizeiabteilungen, sondern auch Einheiten wie der Zentrale Verkehrsdienst, die Wasserschutzpolizei, das Gefangenenwesen und der Zentrale Objektschutz. Wo letztere drei Dienststellen angesiedelt werden, ist noch nicht klar.

Landeskriminalamt: Neue Einheit Cyberkriminalität

Mehr Gewicht soll auf die Verkehrssicherheit gelegt werden. Nach den Worten von Vizepräsident Marco Langner soll die Fahrradstaffel deutlich sichtbarer im Stadtbild werden – zunächst in der City West und dann auch in den anderen Direktionen. Das Landeskriminalamt erhält demnach 2020 eine eigene Abteilung zur Bekämpfung von religiösem Extremismus und Terrorismus sowie eine eigene Einheit Cyberkriminalität.
Geisels Ankündigung, den Namen der Behörde zu ändern, überraschte am Montag die 25.000 Mitarbeiter dort. Dass im Rahmen der Strukturreform auch der Name geändert wird, biete sich einfach an, sagte Geisel im Innenausschuss. Der Name „Der Polizeipräsident in Berlin“ stamme von 1809 und aus monarchistischen Zeiten. „Die ausschließlich männliche Bezeichnung passt nicht mehr in diese Zeit“, so der Senator. Berlin stehe mit der altmodischen Bezeichnung allein da. Tatsächlich verwenden andere Bundesländer die Bezeichnung „Polizei Nordrhein-Westfalen“ oder „Polizei Hamburg“. 

Bezeichnung „Der Polizeipräsident in Berlin“ irritiert

„Es dürfte nicht an den Kosten scheitern“, sagte der Innensenator von der SPD. Die alte Bezeichnung gebe es nur noch an wenigen Gebäuden wie dem Präsidium am Platz der Luftbrücke. Die Druckerzeugnisse würden Zug um Zug umgestellt. Barbara Slowik ist die erste Polizeipräsidentin Berlins, sie hatte in den vergangenen 210 Jahren 48 männliche Vorgänger, Ost-Berlin eingerechnet. Sie begrüße die Namensänderung außerordentlich, sagte Slowik. „Es gibt immer wieder deutliche Irritationen, die auch mich erreichen, auch mit Fragen aus der Bevölkerung.“