Neuer Vorsitzender: Gideon Joffe ist zurück
Gideon Joffe hat es geschafft. Seit Mittwochabend ist er wieder Chef der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. In einer turbulenten Sitzung wurde er im Gemeindehaus in der Fasaenstraße in Charlottenburg zum neuen Vorsitzenden gewählt. Vernünftige Zweifel konnte in den vergangenen Wochen niemand mehr haben, dass Gideon Joffe der kommende Mann an der Spitze der Jüdischen Gemeinde zu Berlin sein würde. Schließlich hat der 39-Jährige bei den Wahlen mit Abstand die meisten Stimmen bekommen. Sein Wahlbündnis dominiert das neue Gemeindeparlament.
Trotzdem hatte Joffe in den vergangenen Tagen immer noch Bedenken, sich öffentlich zu äußern. Erst wollte er Mittwochabend zum neuen Vorsitzenden ernannt werden. Zu groß schien ihm in dieser streitsüchtigen Gemeinschaft die Gefahr, dass es noch jemand verhindern könnte.
Viele Gegner
Denn Gideon Joffe hat viele Gegner. Ihm eilt ein Ruf voraus, der mit schlecht nur unzureichend beschrieben wäre. Geldverschwender, Blender, Lügner haben ihn Gemeindemitglieder genannt. Joffe gibt sich empört. Das seien alles nur „Bösartigkeiten“, sagt er und die traut er vor allem der scheidenden Vorsitzenden zu, der von Senat und Medien für ihren Sparkurs in der überschuldeten Gemeinde gefeierten Lala Süsskind.
Joffe ist Süsskinds Gegenspieler. So wie sie mit starken Worten Einsparungen einfordert, positioniert sich Joffe gegen Sozialabbau und kritisiert Kürzungspläne der Betriebsrenten der Gemeindemitarbeiter. Joffe bezweifelt, dass derartige Eingriffe überhaupt notwendig sind. Weil Süsskinds Haushaltsdaten gar nicht stimmten und weil der Senat am Ende nicht der Pleite der größten jüdischen Gemeinde in Deutschland tatenlos zusehen würde, glaubt er.
Anwalt der kleinen Leute
Joffe geriert sich als Anwalt der kleinen Leute: mehr Geld für Seniorenklubs, Pessach-Pakete für Bedürftige, mehr Kantoren. Gewählt haben ihn vor allem russischstämmige Gemeindemitglieder. Sie machen etwa 80 Prozent der Mitglieder aus.
Joffe wurde 1972 in Tel Aviv geboren und entstammt einer aus Lettland nach Israel ausgewanderten Familie. Im Alter von vier Jahren kam er mit seinen Eltern nach Berlin. Joffe studierte Betriebswirtschaft an der Freien Universität. Von 2005 bis 2008 war er schon einmal Gemeindevorsitzender. Er hinterließ ein Defizit von 2,5 Millionen Euro. Im vergangenen Jahr fungierte Joffe als Geschäftsführer bei der mittlerweile insolventen Treberhilfe.