NSDAP-Mietenstoppgesetz 1936: Die Mutter der Mietpreisbremse
Wer hat die Mietpreisbremse erfunden? Die Nahles-SPD oder die rot-rot-grüne Stadtregierung, die sie als Mittel gegen massive Wohnkostensteigerungen sehen, war es jedenfalls nicht. Immer wieder sannen in den vergangenen hundert Jahren Politiker darauf, Mieter durch staatliches Eingreifen vor den Hausbesitzern zu schützen. Das geschah immer dann, wenn zwei Faktoren zusammenkamen: Mangel an Wohnraum und wenig Neubau.
Am konsequentesten handelten die Nationalsozialisten als Mietpreisbremser: Im November 1936 verhängten sie den vollständigen Mietpreisstopp. Mit wenigen Änderungen galten diese gesetzlichen Regelungen bis 1990 in der DDR. Der Bundestag verabschiedete 1960 das „Gesetz über den Abbau der Wohnungszwangswirtschaft und über ein soziales Miet- und Wohnrecht“. Das Dauerproblem Wohnraummangel sollte fortan über stärkere Förderung, vor allem für den sozialen Wohnungsbau, gelöst werden.
Regulieren statt bauen
Am Ende des Ersten Weltkriegs tauchten vermehrt Anordnungen auf, die das Verfügungsrecht des Hausbesitzers über seine vermieteten Wohnungen einschränkten, teils ganz beseitigten. Der Staat erschwerte die Auflösung von Mietverträgen, regulierte die Mietpreisbildung und übernahm die Vergabe frei werdender Wohnungen. Nach Kriegsende wuchs der Druck weiter: Die Bauwirtschaft lag darnieder, Baumaterial und Arbeitskräfte waren knapp. Obendrein heirateten die Leute nach dem Krieg wieder und wollten ein eigenes Zuhause. 1925 fehlten in Deutschland eine Million Wohnungen.
Die Weimarer Republik erkannte schnell, dass mit Wohnungspolitik die Volksstimmung zu beeinflussen war; so rückte diese in den 20er-Jahren ins Zentrum staatlichen Handelns. Zwangsmaßnahmen gegen Vermieter stellte man Wohnungsbauförderung zur Seite. Eine moderne Architektur mit sozialem Anspruch, die zudem gut aussah, blühte auf; die Siedlungen der Moderne boten mit Licht und Luft den Gegenentwurf zur düsteren Mietskaserne – schön für ein paar Tausend Leute, nicht für die Masse.
Erst störte die Inflation, dann die Weltwirtschaftskrise. Im gesamten Zeitraum (Weimar, Friedensjahre des Dritten Reiches und 50er-Jahre) sei zu wenig gebaut worden, „um den vom Wohnungsmangel verursachten Schwierigkeiten wirkungsvoll entgegenzuwirken“, lautet die Bilanz des Historikers Karl Christian Führer, der in seinem Buch „Mieter, Hausbesitzer, Staat und Wohnungsmarkt – Wohnungsmangel und Wohnungszwangswirtschaft in Deutschland 1914–1960“ das Thema aufarbeitete.
Weltwirtschaftskrise trieb Not auf die Spitze
Investoren lenkten ihr Kapital lieber in die Industrie, wo keine Zwangswirtschaft die Initiative bremste und mehr Rendite winkte als im Wohnungsbau. Andererseits wagte es in der Weimarer Republik keine der vielen Regierungen, Mieterschutz und Marktkontrolle anzutasten – alle fürchteten die Reaktion der Wähler auf eine Mietenexplosion. Aus Angst vor Stimmverlusten bevorzugten auch die bürgerlichen Parteien das Bremsen vor dem Bauen. Man schob das Problem vor sich her, und es wuchs.
Dann trieb die Weltwirtschaftskrise die Not auf die Spitze – ab 1930 erodierte zudem der Mieterschutz. So kam es zum Knall: Im August 1932 wehrten sich in Berlin von Schulden, Gerichtsvollziehern und Zwangsräumungen Bedrängte mit einem Mietboykott. Ganze Straßenzüge verweigerten geschlossen die Zahlung. Am 18. August traten 120 Familien im umgebauten Gefängnis am Molkenmarkt in den Streik (siehe Foto). Zum ersten Mal hatte eine solche Aktion Erfolg: Die Mieten wurden um 40 Prozent herabgesetzt.