Offene Gärten: Exklusiver Eintritt in die Privatparadiese der Hobbygärtner
Streng, doch stets liebevoll erziehen Berliner und Brandenburger Hobbygärtner ihre grüne Pracht. Bei der Aktion „Offene Gärten“ verraten sie die Geheimnisse.

Orange leuchten die Taglilien, rosa die duftenden Rosen, appetitlich rot glänzen pralle Tomaten am Strauch: Im 1100 Quadratmeter großen Garten von Herbert Hoppensack benehmen sich die Pflanzen vorbildlich. Weil er sie konsequent und streng erzieht hier im beschaulich-ruhigen Berliner Außenbezirk Mahlsdorf. Wie die Pracht so herrlich gedeiht, das verraten er und über hundert weitere Hobbygärtner das ganze Jahr lang bei der Aktion „Offene Gärten“.
Dann darf jeder in die privaten Gärten und alles fragen. Wie geht das mit dem richtigen Gießen? Herbert Hoppensack ist da äußerst sparsam. Der 69-Jährige ist das „aus Prinzip. Viele Menschen leiden, weil sie nicht genug Wasser haben und auch bei uns wird es fortwährend weniger“. Deshalb spendiert er nur selten das bei Regen gesammelte Nass punktuell den am heftigsten Dürstenden wie dem Gemüse, den Blaubeeren, den Rhododendren.
Keinen Tropfen Trinkwasser für den Rasen
Für den Rasen gibt es durchgängig nichts außer dem natürlichen Niederschlag, keinen Tropfen Trinkwasser. „Sonst wird das Gras faul und wurzelt nicht tief genug, kommt dadurch mit trockenen Situationen schlecht zurecht“, erklärt er. „Gelb wird es ohnehin, selbst mit Wasser.“ Seine Erfahrung wuchs im jahrzehntelangen Berufsleben als Gärtner und durch Beobachtung. „Ob eine Pflanze gedeiht, hängt wesentlich vom Standort ab. Wenn sie mickert, hilft oft Umziehen.“
Überhaupt stellt er sich auf die veränderten klimatischen Verhältnisse ein und setzt nur noch ausschließlich auf Grün, das mit wenig Wasser auskommt. Wie Pfingstrosen, Katzenminze, Purpurleinkraut. Dazu viele Kakteen, die Wüstenbewohner stehen im Gewächshaus und sogar draußen. Er verrät: „Ein temporäres Dach reicht im Winter bei Minusgraden, damit sie nicht feucht werden und faulen oder erfrieren.“

Ebenso rigoros ist Sybille Kuhlmann. In ihrem Spandauer Garten ganz hinten hat sie nach vielen Jahren vergeblichem Kampf gegen den sich unentwegt frech ausbreitenden Giersch Teichfolie auf die Erde gelegt. Die ehemalige Podologin (69): „Kies oben drauf, damit sie nicht verrutscht, das stoppt ihn.“ Ohne Licht kein Wachstum, so simpel ist das.
Bestäubung und Vermehrung
Trotz aller Strenge, hilfsbereit sind Top-Gärtner natürlich ebenso. In die Blätterkelche der Karden gießt Kuhlmann Wasser. Davon trinken Insekten, die sich im Gegenzug mit der Bestäubung und somit Vermehrung der Pflanzen bedanken.
Genauso fürsorglich kümmert sich Herbert Hoppensack. Den Tomaten weist er mit Schnur den rechten Weg. „An Haltestöcken kippen sie immer um.“ Solchen Frust erspart er ihnen und sich, legt per Hand liebevoll die Triebe um die textile Wachshilfe.
Schnecken sind die Übeltäter im Garten
Obwohl, manchmal verzweifeln auch Erfahrene. „Man kann nichts tun“, meint Gärtner Hoppensack nachdenklich und blickt auf die großen arg zerfressenen Blätter der Funkien. „Die Schnecken sind schuld.“ Nichts helfe gegen sie. Da greift er im Notfall wie beim Salat zu (wenig!) Schneckenkorn. Daran sterben die Übeltäter.

Sybille Kuhlmann pflegt ihren kleinen Reihenhausgarten. „Der sieht im Prinzip aus wie ein langer Schlauch“, konstatiert sie kühl. „Das Geheimnis von Attraktivität ist die richtige Aufteilung.“ Die Gestaltung einzelner verschiedener Räume garantiert abwechslungsreiche Seherlebnisse.
Ausladende Beetränder mit Bögen
Statt schnurgrader Ränder haben die Beete rechts und links am Rand bei ihr ausladende Bögen. In die Mitte des Gartens hat sie Bäume gesetzt. Die hält sie konsequent klein, maximal zwei Meter hoch dürfen sie werden. „Hier“, dabei zeigt sie auf den kleinen Topf der 42 Jahre alten, immer noch zierlichen Kastanie. „Seine Größe bestimmt die Ausbreitung der Wurzeln.“

Wie man Obstbäume durch Aufpfropfen zuerst in ein Blütenmeer und später in wochenlang Früchte tragend verwandelt, verrät Herbert Hoppensack. „Im Winter schneide ich Veredlungsreiser ab, buddele sie komplett in die Erde ein.“ Im Mai pfropft er sie mit Baumwachs und Bast an einen anderen Baum auf. „Durch die verschiedenen Sorten verlängert sich die Erntezeit bei mir auf bis zu vier Wochen.“
Gärtner sind Frühaufsteher
Ihr Reich macht den Gärtnern viel Arbeit. Alle stehen frühmorgens schon gegen vier Uhr auf. Urlaub machen sie ausschließlich in den vegetationsarmen Jahreszeiten Herbst und Winter. Wie Verzicht fühlt sich das dennoch nicht an. Die Optik ist der Gewinn. Herbert Hoppensack liebt die Aussicht von den verschiedenen Sitzplätzen mitten im Grün. „Ich sitze oft einfach nur da und genieße den Anblick.“