Olympiabewerbung für Berlin: Wir müssen Olympia anders denken
Die Entschuldigung schickte Kulturstaatssekretär Tim Renner (SPD) gleich vorweg. Rund 100 Kulturschaffende hatte er am Mittwochabend ins Radialsystem eingeladen, um über Berlins mögliche Olympiabewerbung zu diskutieren. Dass die Begeisterung unter den Anwesenden nicht einhellig war, schien ihm bewusst. „Dass Berlin als Olympiastadt interessant ist, liegt an euch“, sagte er zur Begrüßung. „Aber ihr seid betroffen, wenn Olympia in einer Weise stattfindet, die mit euch nichts zu tun hat oder euch sogar schadet.“
Es gelte, einer solchen Negativvision etwas entgegenzusetzen. „Olympia anders denken“ war der Titel der Veranstaltung. Zuvor hatte Renner in einem kleineren Kreis ein Thesenpapier mit gleichem Titel erarbeitet. Es enthält etwa den Vorschlag, Obdachlose sollten kostenlose Eintrittskarten zu den Wettbewerben erhalten.
Das Publikum nahm die Aufforderung mit erstaunlichem Enthusiasmus auf. Eine Stunde lang wurde in kleinen Gruppen diskutiert. Die Ergebnisse waren inspirierend, der vorzügliche und kostenlos ausgeschenkte Wein trug möglicherweise dazu bei. Olympia sei ja bloß eine Zwischennutzung für die meisten Bauten und Anlagen, und so müsse man auch damit umgehen, erklärte beispielsweise Thomas Willemeit von den Graft-Architekten. Berlin solle sich erst überlegen, wie es sich bis 2024 entwickeln will und seine Olympia-Planung daran anpassen.
Bedenkenswert waren auch die Ergebnisse der Diskussionsrunde, die sich mit dem historischen Kontext befasste. Sie entwickelte etwa den Vorschlag, zur Eröffnung der Spiele das olympische Feuer zu löschen – schließlich waren es die Nazis, die es 1936 am selben Ort einführten, bis dahin war Olympia ohne Fackeln ausgekommen.
Aber was passiert nun mit all den kreativen Ideen? Er werde sie zusammenfassen und anschließend dem Regierenden Bürgermeister damit in den Ohren liegen, versprach Tim Renner. Michael Müller sei sehr interessiert an den Ergebnissen der Veranstaltung. Man möchte es ihm gern glauben.