Abschied vom Abstrich: Sehnsucht nach der süßesten Corona-Teststation in Berlin
Weg sind sie, die Testzentren Berlins. Auch der kleine Kasten mit zwei Fenstern, den unser Autor und sogar seine Kinder gerne aufsuchten. Das hatte gute Gründe.

Als „Corona“, wie umgangssprachlich so schön knapp gesagt wird, nun endlich „vorbei war“ oder die Gesetzgebung zumindest den Eindruck erweckte, da stand es noch lange da: das letzte Testzentrum, das mir jeden Tag begegnete.
Ein schnöder Kasten mit zwei Fenstern, kein Vergleich zu den Orten, an denen mir in diesen merkwürdigen zwei Jahren schon Stäbchen in die Nase gesteckt wurden: Ich ließ mich an Netflix-Drehorten testen und in Hinterzimmern von Kneipen, in Shoppingmalls und Museen. Zu Beginn der Pandemie wurde eine Indoor-Surfhalle zur Teststation umfunktioniert, Wellenreiten bekam eine neue Bedeutung und ich für einen Schnelltest noch saftige Kreditkartenabrechnungen.
Das kleine weiße Häuschen wirkte dagegen banal, hatte aber auch den Charme des Beständigen. In unmittelbarer Nähe der Kita befindlich konnte man den nach Krankentagen für den Nachwuchs obligatorischen Test hier quasi im Vorbeigehen durchführen lassen.
Gut, die 15-minütige Wartezeit, ehe ein vorzeigbares Resultat auf dem Handy landete, zog dieses „Vorbeigehen“ manchmal etwas in die Länge. Doch den Kindern gefiel es – hinter der langweiligen Weißblechfassade saßen echte Marketingprofis, die den erfolgreichen Test mit einem Lutscher belohnten. Das Stäbchen in Mund oder Nase, eigentlich eher in der Kategorie Spinat und Zähneputzen zu verorten, war plötzlich erstrebenswert. Der Satz „Können wir uns heute bitte testen?“ fiel auch dann, wenn gar kein Anlass für den Abstrich gegeben war.
Schnee von gestern. Die Kita verlangt schon lange keine Corona-Tests mehr. Doch die kleine Station stand weiter da. Das war beruhigend, auch wenn immer klarer wurde, dass man die Dienste der Abstreicher in absehbarer Zeit wohl nicht mehr benötigen würde. Wie kaum jemand, weshalb sich die Frage aufdrängte, wer den Laden eigentlich noch am Laufen hielt. Es waren Menschen mit Rollkoffern, die den an der Station beworbenen reisekonformen Test wollten und Maskierte auf dem Weg zur PCR-Bestätigung ihres positiven Schnelltests. Doch auch die wurden weniger, die Schlangen kürzer.
Da durfte es nicht überraschen, dass das kleine Häuschen nun auf einmal verschwunden war. Ästhetisch ist das ein Nullsummenspiel, statt eines weißen Kastens ist jetzt ein Metallzaun zu sehen, manchmal halten hier Autos. Und doch, merkwürdigerweise kommt etwas Wehmut auf. Eine Ära ist zu Ende und man ist beim Testen auf sich allein gestellt. Wobei, weiter hinten, am Bahnhof, da gibt es doch noch ein Testzentrum!
Ist das schon das Stockholm-Syndrom, wenn man das irgendwie beruhigend findet?