Parkplatz-Posse: Grüne Stadträtin wehrt sich gegen Michael Müllers Vorwürfe

Der Tempelhofer Parkplatzstreit zwischen dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Stadträtin Christiane Heiß (Grüne) hat das Zeug zur Polit-Posse. Es geht um ein paar Parkplätze, eine für Radfahrer in beide Richtungen befahrbare Einbahnstraße und einen anscheinend nicht immer gut unterrichteten Regierenden Bürgermeister.

Müller hatte vorige Woche über sein Wahlbüro gegen die Stadträtin gewettert. Heiß hat an der Einmündung des Schulenburgrings in die Manfred-von-Richthofen-Straße acht Parkplätze und gegenüber weitere vier auf der Westseite beseitigen lassen. Damit soll Platz für Radfahrer geschaffen werden.

Die Parkplätze mussten weg, weil der Schulenburgring hier eine Kurve macht, Radler wegen parkender Autos nicht sehen könnten, ob ihnen ein Fahrzeug entgegenkommt.

Die Pläne stammen bereits aus dem Jahr 2015

Diese Parkplätze liegen direkt vor Müllers Haustür. Sie wegzunehmen, sei ein Unding, bekundete der Regierende prompt, und außerdem sei alles ganz plötzlich passiert. Doch da irrt Müller, sagt die grüne Stadträtin.

Die Pläne stammen bereits aus dem Jahr 2015 – und sind übrigens ein altes SPD-Projekt. Müller, der auch direkt gewählter SPD-Abgeordneter seines Viertels ist, hätte sich vor seiner Beschwerde also besser informieren müssen, findet Christiane Heiß. Denn seit zwei Jahren ist das Thema in der Diskussion. Mitte März zum Beispiel.

Auf einer gemeinsamen Sitzung der zuständigen Bezirksamts-Abteilung mit dem „FahrRat Tempelhof-Schöneberg“, einem Gremium aus Bezirksverordneten, dem BUND sowie dem ADFC und anderen Fahrradfahrer-Verbänden, ging es um das Thema Schulenburgring.

"Es ist sinnvoll, den Schulenburgring in die Gegenrichtung für den Fahrradverkehr zu öffnen"

Im Protokoll dieser Sitzung ist festgehalten, dass „bei einer Verringerung des Parkraumangebots die Öffnung in Gegenrichtung möglich“ ist. Dementsprechend sei die Anordnung getroffen worden, neue Halteverbotsschilder aufzustellen.

Stadträtin Heiß betont, ihre Entscheidung sei vollkommen rechtskonform. Grundsätzlich sei sie doch sehr überrascht, wie Müller auf den „reinen Verwaltungsvorgang“ reagiert habe. „Ich habe gedacht, dass ich in der neuen Koalition mehr Rückenwind für die Sicherheit von Radfahrenden bekomme.“
Der ADFC springt der Stadträtin zur Seite.

Der Fahrrad-Club stellt fest: „Es ist sinnvoll, den Schulenburgring in die Gegenrichtung für den Fahrradverkehr zu öffnen. Die Öffnung ist lange geplant und und bezirklich bekannt.“ Die Lösung des Bezirksamts bedeute den geringstmöglichen Verlust an Auto-Stellflächen.

Der ADFC ist verwundert

In einem offenen Brief an Müller schreibt der ADFC: „Wenn Sie sich nun öffentlich gegen ein die Verkehrssicherheit förderndes Vorgehen stellen, fragen wir uns, wie Sie Ihr Ziel erreichen wollen, dass Berlin Fahrradmetropole wird.“

Der ADFC ist verwundert. Nicht nur, dass die Öffnung von Einbahnstraßen für Radler im Koalitionsvertrag steht – der Fall Schulenburgring sei ein altes SPD-Projekt. Die BVV habe sich schon 2016 dafür eingesetzt. Das Thema sei bei einer Wahlkampf-Radfahrt Müllers im August 2016 aufgegriffen worden. Der damals zuständige SPD-Stadtrat Oliver Schworck habe derlei Öffnungen angekündigt. Christiane Heiß setze also nur um, was Sozialdemokraten vorbereitet haben.

Ist es ein Zeichen der Zerrissenheit von Rot-Rot-Grün?

Michael Müller erhält für seinen Wutbrief von Ende voriger Woche allerdings nicht nur Kritik. Er hat auch Unterstützer – im Lager der AfD. Karsten Frank, Vorsitzender des BVV-Verkehrsausschusses und wie Müller im Schulenburgring wohnend, hält die Regelung für überzogen. „Es hätte gereicht, wenn auf jeder Seite des Schulenburgrings die ersten beiden Parkplätze abgepollert worden wären.“ 

Der CDU-Abgeordnete Oliver Friederici sieht den Konflikt als Zeichen der Zerrissenheit von Rot-Rot-Grün: „Als direkt Betroffener darf Herr Müller einmal persönlich erleben, was die einseitige Pro-Fahrrad-Politik im Alltag konkret bedeutet.“