Parlament in Berlin: Senatoren müssen sich am Donnerstag nach hinten setzen

Am Donnerstag schlägt die erste Stunde des neuen Parlaments in Berlin. Für viele Politiker ändert sich was. So läuft der erste Tag. 

Der Kreuzberger CDU-Politiker Kurt Wansner leitet die erste Sitzung nach der Wahl im Berliner Abgeordnetenhaus. 
Der Kreuzberger CDU-Politiker Kurt Wansner leitet die erste Sitzung nach der Wahl im Berliner Abgeordnetenhaus. Wolfgang Kumm/dpa

Kurt Wansner (74) kennt das Prozedere schon, wenn die erste Stunde des Parlaments schlägt: Wansner, seit 1995 im Abgeordnetenhaus Berlin, hatte im November 2021 schon die erste Sitzung eröffnet. Und auch am Donnerstag ist er wieder am Start, wenn sich um 10 Uhr das neue Parlament konstituiert. Das wird etwas Besonderes: Vieles hat sich geändert, kaum etwas bleibt beim Alten. Sei es bei den Senatoren oder bei den Abgeordneten. 

Der CDU-Abgeordnete Wansner aus Kreuzberg hat eine Rede vorbereitet, 15 Minuten soll sie dauern, immerhin eröffnet er als Alterspräsident die erste Plenarsitzung nach der Wiederholungswahl. „Es ist eine Ehre für mich, dass ich diese Sitzung zum zweiten Mal leite“, erzählt er der Berliner Zeitung und wirkt nachdenklich, als er sagt: Es sei diesmal schon deshalb besonders, weil viele erst vor anderthalb Jahren gewählte Abgeordnete nicht mehr im Parlament vertreten seien. Darauf wolle er in seiner Rede eingehen, aber auch auf die aktuellen Probleme in Berlin, die ein neuer Senat angehen müsse.

Er wolle einen kleinen Rundumschlag machen – von der Wohnungsnot in Berlin, den steigenden Mieten bis hin zur inneren Sicherheit. Eines seiner Steckenpferde und auch der Partei. „In Zukunft werden wir den Schutz der Polizeibeamten sicherlich in den Mittelpunkt rücken, die Ausrüstung muss auch eindeutig besser werden.“ Das hätten die Krawalle in der Silvesternacht gezeigt. Und jetzt sei seine Partei stärkste Kraft geworden, hätte mehr Spielraum, das umzusetzen. Derzeit laufen die Koalitionsverhandlungen für eine Große Koalition aus CDU und SPD, die das bisherige rot-grün-rote Bündnis ablösen soll. Nun hoffe er, dass die Koalition schnell zustande kommen werde – und nicht daran scheitere, dass die SPD-Anhänger sich querstellen.

Wansner ist der älteste Abgeordnete des Landesparlaments und daher kommt ihm die Aufgabe zu, am 16. März die erste Plenarsitzung nach der Wiederholungswahl zu eröffnen. Dabei assistieren ihm die vier jüngsten Abgeordneten Klara Schedlich, mit 23 Jahren das Küken im Parlament, June Tomiak (26), Laura Neugebauer (28) und Louis Krüger (26), die alle der Grünen-Fraktion angehören. Bis auf June Tomiak, die dem Parlament bereits von 2016 bis 2021 angehörte und erst jetzt wieder reingewählt wurde, waren sie schon nach der Wahl im September 2021 Mitglieder des Landesparlaments. 

Der Tagesablauf bei der ersten Sitzung ist straff organisiert: Erst werden alle begrüßt, dann folgt Wansners Rede, darauf die Prüfung der Beschlussfähigkeit des Abgeordnetenhauses, und nach dem Beschluss über die Geschäftsordnung geht es dann in die Wahlgänge. „Das Ganze wird bis zu vier Stunden oder mehr dauern“, rechnet Wansner.

Und auch das steht auf der Tagesordnung: Für das Amt der Parlamentspräsidentin hat die CDU-Fraktion ihre Abgeordnete Cornelia Seibeld nominiert. Sie wird an diesem Donnerstag geheim gewählt. Die 48-jährige Rechtsanwältin war bisher Vizepräsidentin und soll den bisherigen Präsidenten Dennis Buchner von der SPD ablösen. Das Vorschlagsrecht für das Amt hat die stärkste Fraktion, diesmal also die CDU. Ebenfalls geheim werden Seibelds zwei Stellvertreter gewählt, in einer offenen Wahl die weiteren Präsidiumsmitglieder. Zum Abschluss der Sitzung werden der Ältestenrat und der Hauptausschuss eingesetzt.

Es sind auch einige Anträge eingebracht worden – darunter die Regelung der Übergangsgelder für ausgeschiedene Bezirksamtsmitglieder, wie die Bezirksstadträte.    Bis zum Ablauf ihrer Amtszeit in drei Jahren sollen sie die Bezüge weiter erhalten, die ihnen am Tag vor dem Ausscheiden aus dem Bezirksamt zustanden, heißt es in dem Antrag. 

Neu ist auch die Sitzordnung: Da die Regierung noch nicht steht, gibt es noch keine genaue Platzvergabe, vor allem bei den Noch-Senatoren – sie können nicht mehr in der ersten Reihe Platz nehmen. Wansner sagt: „Die müssen sich alle ihre Plätze suchen. Wenn sie weiterhin Abgeordnete sind, sitzen sie in den Reihen ihrer Fraktionen.“ 

Im Berliner Abgeordnetenhaus gibt es inzwischen 159 Sitze

Fest steht bereits, dass einige der jetzigen Senatoren nicht in der neuen Regierung sein werden, ihre Nachfolge ist aber noch nicht geregelt. Ihr Amt aufgeben müssen beispielsweise Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), die jetzt allerdings Fraktionsvorsitzende ist, Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne), Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) und Kultursenator Klaus Lederer (Linke).

Das Berliner Abgeordnetenhaus wird nach der Wiederholungswahl 159 Sitze haben und damit größer sein als zuvor – entsprechend viele Änderungen gibt es in den Namenslisten. Die FDP fiel ganz aus dem Parlament bei der Nachwahl, der prominenteste Abgang im Berliner Abgeordnetenhaus ist FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja. Doch auch die SPD verlor zehn Mandate, die CDU gewann 21 dazu. Die Linke verzeichnet drei Abgänge und einen Zugang, die Grünen drei Abgänge und fünf Zugänge im Vergleich zu 2021. Für die AfD kommen vier Abgeordnete neu dazu.