Parlamentarische Anfrage: Privatschulen verschweigen Zahl der armen Schüler
Der SPD-Abgeordnete Joschka Langenbrinck fragt gerne kritisch nach, wenn es um den Zustand des Berliner Schulsystems geht. Sein schärfstes Schwert sind dabei die parlamentarischen Anfragen. Der Mann aus Neukölln fragt dann nach der Schulabbrecherquote in den einzelnen Bezirken oder will wissen, an welchen Schulen sich die wenigsten Schüler anmelden. Das fällt auf, weil das Bildungsressort ja von seiner Parteifreundin Sandra Scheeres geführt wird. Normalerweise gehen SPD-Genossen nicht so schonungslos miteinander um.
Nun aber hat Langenbrinck ein neues Themenfeld für sich entdeckt: die Privatschulen. In einer detaillierten Anfrage an die Senatsbildungsverwaltung will Langenbrinck wissen, wie hoch das Schulgeld an einzelnen freien Schulen ist – und wie genau die Ermäßigungsregelungen aussehen.
Ein heikles Thema
Das Thema hat eine gewisse Sprengkraft. Zuletzt hatte eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin die These aufgestellt, dass Bundesländer bei der Genehmigung von Privatschulen das Grundgesetz missachten, weil dort die vorgeschriebene soziale Mischung fehle.
Zudem fragt Langenbrinck nach der Quote der lernmittelbefreiten Schüler an jeder einzelnen Privatschule. Das sind jene Kinder und Jugendlichen, deren Eltern auf Zahlungen des Staates angewiesen sind. Auch dies ein heikles Thema für viele freie Schulen, stehen sie doch im Ruf, eher Schüler aus wohlhabenderen Familien anzuziehen.
Die Bildungsverwaltung leitete die parlamentarische Anfrage an die Arbeitsgemeinschaft der freien Schulen weiter, mit der Bitte um Stellungnahme. Doch der Privatschulverband teilte nun in einem Brief an alle freien Schulen Berlins mit, dass man die abgefragten Daten nicht liefern werde. „Es ist absolut unüblich, dass die Berliner Verwaltung zur Beantwortung von schriftlichen Anfragen aus dem Abgeordnetenhaus in diesem Umfang Angaben von Dritten erhebt“, heißt es im Schreiben.
Absage per Brief
Der Anteil der lernmittelbefreiten Schüler werde auch an staatlichen Schulen nicht bekannt gegeben, um einer sozialen Stigmatisierung entgegenzuwirken. „Und die Schulgeldregelungen der freien Schulen sind zu vielfältig, um nach einem einheitlichen Raster erfasst zu werden“, heißt es weiter. Selbst das Schulgeld werde nach unterschiedlichen Einkommensbegriffen berechnet.
„Wir wollen nicht über jedes Stöckchen springen, das man uns hinhält“, sagt Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden, der das Schreiben verfasst hat. Prinzipiell sei man bereit, transparenter zu werden. Allerdings zeige die Tonlage der Anfrage, dass Langenbrinck den freien Schulen gegenüber nicht freundlich eingestellt sei. Mal schauen, wie es weitergeht.
Jeder zehnte Berliner Schüler besucht bereits eine Privatschule.