Mit dem Fahrrad auf den Spuren der Einheit
Autorin Susanne Dübber fuhr mit ihrer Freundin diesen Sommer den Mauerweg ab – 160 Kilometer rund um Berlin. Eine Fahrt voller Erinnerungen.
Berlin-Zwei Freundinnen, zwei Fahrräder, ein Ziel: den Mauerweg abzufahren – 160 Kilometer rund um Berlin. Diese Radtour war unser großer Spaß im Sommer 2019. Die Freundin Ost-, ich West-Deutsche, geboren beide nach dem Mauerbau, aufgewachsen bis ins Erwachsenenleben in den unterschiedlichen Hälften Deutschlands.
Während ich immer den Fall der Mauer erhofft hatte, war es für sie nie Option. Dass wir nicht schnell vorankommen würden, wurde schon auf den ersten Metern der insgesamt acht Etappen klar. Zwar liegt das Sowjetische Ehrenmal 500 Meter vom Mauerverlauf im Treptower Park, aber dieser Abstecher gehörte für uns dazu.
Zwei Stunden verweilten wir, weil uns die Gedenkstätte für 7 000 Soldaten so tief beeindruckte.
Noch oft sind wir von den Rädern abgestiegen und haben uns genau umgeschaut. Wie bei der Gropiusstadt, dem West-Berliner Neubaugebiet der 60er- und 70er-Jahre. Die Freundin rief plötzlich aus: „Was ist das? Ich habe es als kleines Mädchen oft aus dem Autofenster auf dem Weg zum Flughafen Schönefeld gesehen.“ Auch den Weg von der Mauer weg zum Notaufnahmelager Marienfelde gönnten wir uns. Erstaunen rief bei ihr hervor, wie ausgiebig die westlichen Geheimdienste die DDR-Flüchtlinge überprüften. Gemeinsam lachten wir darüber, wie viele Lager-Mitarbeiter für die Stasi arbeiteten. Betroffen machte uns der Anblick winzig kleiner Zimmer für jeweils vier Menschen und die kaputten Fenster samt fehlender Gardinen am Asylantenheim, das dort heute wieder existiert.
Weinen musste ich im Süden, am Grab eines Mauertoten von 1966 leuchtete blau frisch gepflanztes Männertreu. Glücklich machte uns eine Hochzeit in der zarten Sacrower Kirche, die bis 1989 verlassen im Todesstreifen verfiel.
Auf der Suche nach restlicher Berliner Mauer muss man meist sehr genau hinschauen. An sehr vielen Stellen haben Bäume und Gebüsche in dreißig Jahren die Geschichte, das Schreckliche, überwuchert, sind wie in Staaken hübsche neue Häuser entstanden.
Lange Strecken sind herrliche Landschaften, besonders auf dem Weg nach Hennigsdorf und bei Frohnau. Ewig wird uns die Schönheit der Einheit in Erinnerung bleiben. Der Schmerz der Teilung ist abgeschlossen und vorbei.
