Pilotprojekt in Berlin: Paketdienste sollen künftig Sendungen per Lastenfahrrad liefern

Gestern im Internet bestellt – heute im Stau. Jahr für Jahr werden in Deutschland Milliarden Paketsendungen versandt. Lieferwagen, Paketautos, Kurierdienste verstopfen die Straßen und parken oft dort, wo sie nicht parken dürfen.

Doch nun beginnt in Berlin ein bundesweit einmaliges Pilotprojekt, das diesen Teil des Verkehrs stadtverträglicher machen soll. In Prenzlauer Berg entsteht ein Umschlagplatz der besonderen Art. Lastwagen bringen Sendungen dorthin, Lastenräder befördern sie weiter zum Empfänger.

Kommt nun auch die Güter-Tram?

„Statt brummender Diesel-Transporter hören die Menschen künftig häufiger das Klingeln von Lastenrädern“, sagte Berlins Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne). „Sauber, sicher, leise und klimafreundlich – das ist die neue Mobilität in Berlin.“ Wenn sich an diesem Freitag der europäische Verband für Fahrradlogistik ECLF in Berlin trifft, fällt der Startschuss für das Projekt, das vom Bundesumweltministerium mit 400.000 Euro gefördert wird, Dabei sind die größten Paketdienstleister Deutschlands: DHL, DPD, GLS, Hermes und UPS.

Schauplatz des ersten Vorhabens dieser Art ist die Wendeschleife der Straßenbahn am Mauerpark. Innerhalb der Gleisschleife wird der Umschlagplatz angelegt, dafür ist die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Behala) verantwortlich. In einem Umkreis von fünf Kilometern leben über 800.000 Menschen.

„Kooperative Nutzung von Mikro-Depots“

Vom 1. Juni an werden dort täglich Paket-, Express- und Kuriersendungen ankommen, per Lastwagen. Neu ist nun, dass die Sendungen die letzten Kilometer abgas- und lärmfrei zurücklegen werden – mit kleinen Fahrzeugen, die Berlins Straßen nicht so sehr belasten wie Lieferwagen oder Lkw. Jeder Paketdienstleister erhält einen 20-Fuß-Container, Mikro-Depot genannt, in dem die Lieferungen auf firmeneigene Cargo Bikes umgeladen werden.

„Die letzte Liefermeile in den Vierteln ist ein idealer Einsatzort für Lastenräder“, sagte die Senatorin. „Alle großen Logistikunternehmen beteiligen sich an diesem Projekt, ich bin sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit.“ Das Modellprojekt, für das sich auch Verkehrs-Staatssekretär Jens-Holger Kirchner eingesetzt hatte, heißt KoMoDo – „kooperative Nutzung von Mikro-Depots“. Umschlagplätze dieser Art könnten auch anderswo entstehen – in Berlin und im Zentrum anderer großer Städte.

In der Senatsverwaltung hat man auch schon darüber nachgedacht, ob sich die Anlieferung zu den Depots ebenfalls abgasfrei gestalten ließe. Güterstraßenbahnen könnten diese Aufgabe übernehmen. „Das ist eine Idee, die man prüfen könnte“, sagte Petra Reetz, Sprecherin der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), am Donnerstag. „Wenn ein Logistikunternehmen an uns herantritt, werden wir darüber nachdenken.“

Zuschüsse vom Senat

Senatorin Günther kündigte außerdem an, dass der Senat die Anschaffung von Lastenrädern fördert. Ab Mitte Mai können Anträge gestellt werden, teilte ihre Verwaltung mit. Für dieses Jahr stehen 200.000 Euro zur Verfügung, davon 130.000 für private sowie 70.000 Euro für gewerbliche und freiberufliche Antragsteller. Für ein elektrisches Lastenrad gibt der Senat bis zu tausend Euro hinzu, für ein Rad ohne Elektromotor bis zu 500 Euro. Bis zu ein Drittel der Kaufsumme wird gefördert. 2019 steht dann eine halbe Million Euro bereit.

„Die Transporträder sind praktisch, umweltfreundlich und eine preiswerte Alternative zum Auto in der Stadt“, so Günther. Das Potenzial ist groß. Paket-, Kurier- und Expresslieferungen bilden rund ein Drittel des städtischen Wirtschaftsverkehrs.