Polizeigewerkschaften gegen Pop-up-Radwege
"Unglaubliche Arroganz, absolute Gleichgültigkeit“ und „Scheinheiligkeit bei eigenen ideologischen Projekten“: Beide Polizeigewerkschaften verurteilen die von der Senatsverwaltung eingerichteten Radwege scharf. Sie führten zu Verzögerungen bei Notfalleinsätzen und Stress bei allen Beteiligten.

Berlin-Im Streit um die nach einem aktuellen Urteil des Berliner Verwaltungsgerichtes illegal errichteten Pop-up-Radwege haben sich jetzt auch die beiden Polizeigewerkschaften DPolG und GdP eingemischt. Vertreter beider Gewerkschaften stellen sich klar gegen die für die Radwege verantwortliche Senatsverkehrsverwaltung und die zuständige Senatorin Regine Günther.
So teilte die DPolG am Mittwochabend mit, dass die im Rahmen der Corona-Krise von der Senatsverwaltung für Umwelt und Verkehr eilig eingerichteten Radwege nach Erfahrungen von Polizeikräften „an etlichen Stellen zu Risiken bei Einsatzfahrten führen“.
Bodo Pfalzgraf, der Berliner Landesvorsitzende der DPolG, sagte dazu: „Oft können Verkehrsteilnehmer den Weg für Einsatzfahrzeuge mit Blaulicht und Martinshorn wegen der Verkehrsführung nicht freimachen. Das führt zu Verzögerungen in Notfalleinsätzen und verursacht Stress bei allen Beteiligten.“ Zuvor hatte bereits die Berliner Feuerwehr gwwarnt, dass Pop-up-Radwege im Falle eines Brandes beim Löschen hinderlich werden könnten.
Dafür waren die Lebensretter von der Kreuzberger Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) via Twitter verspottet worden. „Das Durchkommen war ohne Radspur in keinster Weise besser“, teilte Herrmann mit. Die im Innenausschuss vorgetragenen Befürchtungen der Feuerwehr seien Märchen, die sie schon bei der Einrichtung von Busspuren vor 30 Jahren gehört habe.
Diese Aussagen brachten sogar die eigentlich als sehr Senatsfreundlich bekannte Gewerkschaft der Polizei (GdP) dazu, sich mit harschen Worten in die aktuelle Diskussion einzumischen. „Das Verhalten der Senatsverwaltung für Verkehr zeugt von unglaublicher Arroganz, absoluter Gleichgültigkeit und fehlender Wertschätzung für die tägliche Leistung der Berliner Feuerwehr“, sagte GdP-Vorstand Oliver Mertens der Berliner Morgenpost am Mittwoch. Wenig später verbreitete die GdP das Statement zudem bei Twitter.
Mertens weiter: „Der zweite Rettungsweg über Drehleitern benötigt Platz. Wir müssen Stell- und Abstützflächen einplanen und auch die begrenzte Reichweiter der Leitern. Wenn durch die Umgestaltung einer Straße jetzt sechs Meter verschwinden, lassen sich per Leiter obere Fenster nicht erreichen“. Für Immobilien und auch bei Veranstaltungen werde vom Gesetzgeber ein Sicherheitskonzept verlangt. „Es ist scheinheilig, bei eigenen ideologischen Projekten einen anderen Maßstab anzusetzen“, so der GdP-Chef zur Morgenpost.
Der Berliner Senat hingegen ist weiterhin von den Pop-up-Radwegen überzeugt. Anstatt die Fahrbahnmarkierungen auf acht Straßen wieder zu entfernen, legte die Verkehrsverwaltung Beschwerde gegen das noch nicht rechtskräftige Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts ein. Mit dem Ziel, den vom Gericht geforderten Rückbau der Radwege vorerst nicht umsetzen zu müssen.