Polizeikontrollen in Berlin: Gefährliche Orte überall

Nicht nur in Hamburg kann die Polizei „Gefahrenzonen“ einrichten. Auch in Berlin gibt es „gefährliche Orte“ beziehungsweise „kriminalitätsbelastete Orte“, wie es im Polizeideutsch heißt. Und es werden offenbar immer mehr. Mittlerweile sind es über 20. Allein seit 2010 wurden 14 solcher Orte neu definiert. Hinzu kommt eine große Zahl „gefährdeter Orte“ wie zum Beispiel Amtsgebäude oder Kraftwerke.

Allen kriminalitätsbelasteten Orten wie dem Alexanderplatz oder dem Kottbusser Tor ist gemein, dass die Polizei dort Sonderrechte hat. Normalerweise darf sie Personen nur dann auf ihre Identität überprüfen und durchsuchen, wenn eine konkrete Gefahr von ihr auszugehen droht, wenn etwa ein Autodieb gestoppt wird. Bei kriminalitätsbelasteten Orten ist das anders. Hier dürfen Polizisten eine Person bereits überprüfen, wenn sie sich lediglich dort aufhält.

Polizei hält Liste geheim

Die Liste der Orte, die auch „gefährliche Orte“ genannt werden, wird von der Polizei unter Verschluss gehalten. Sie wird regelmäßig aktualisiert. Dass seit 2010 14 neue Orte hinzu kamen, geht aus einer Antwort der Innenverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der Piraten hervor. Allein sechs befinden sich in Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln. Lediglich in Reinickendorf und in der für den Osten der Stadt zuständigen Polizeidirektion 6 gibt es keine kriminalitätsbelasteten Orte. Dass die Polizei die Adressen geheim hält, begründete Polizeisprecher Stefan Redlich so: „Wir wollen nicht, dass Orte stigmatisiert werden. Und wir wollen auch nicht, dass Täter wissen, wo besondere Polizeibefugnisse gelten. Sie würden sich dann woanders hin bewegen.“

Für Irritationen sorgt derweil die Antwort von Innensenator Frank Henkel (CDU) auf die Frage der Piraten, ob Polizisten einen Platz in der Stadt auch „ad hoc“ zu einem gefährlichen Ort klassifizieren können. Henkel hätte klar „Ja“ oder „Nein“ sagen können. Stattdessen antwortete er: Maßgebend für die Gefährlichkeit eines Ortes sei „die jeweilige auf Tatsachen begründete Prognose“.

Damit meint der Senator offenbar die Prognose der Polizisten vor Ort. „Begründet ein besonderer Umstand eine erhebliche Gefahrenlage, kann auch ohne bereits angefallene Straftaten ein kriminalitätsbelasteter Ort gegeben sein“, so Henkel weiter.

Direktionen legen fest, wo es gefährlich ist

„In Berlin kann also jeder Mensch kontrolliert werden aufgrund subjektiver Eindrücke“, kritisierte Christopher Lauer von den Piraten. Er fordert deshalb Transparenz bei der Festlegung „kriminalitätsbelasteter Orte“.

Andernfalls könne jeder, der etwa einen Vollbart habe wie ein Rocker, einfach so kontrolliert werden, fürchtet er. Die Piraten wollten am Donnerstag im Parlament darüber debattieren. Ihr Antrag auf eine aktuelle Stunde wurde aber von den übrigen Fraktionen abgelehnt. In seiner Antragsbegründung forderte Lauer den Innensenator auf, die Öffentlichkeit über Gefahrengebiete aufzuklären. Die Bürger hätten einen Anspruch zu erfahren, an welchen Orten sie von der Polizei ohne Anlass kontrolliert werden dürften. lauer will die Angelegenheit jetzt zum Thema im Innenausschuss machen.

Darf also jeder Polizist überall einfach so jeden kontrollieren und bestimmen, wo in Berlin ein „kriminalitätsbelasteter Ort“ ist? Geregelt sind die besonderen Rechte der Polizei im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz. Tatsächlich schreibt es nicht vor, wer was anordnen darf. Allerdings müssen die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllt sein. „Die Festlegung erfolgt durch die Direktionen“, sagte Redlich. „Dabei werden auch die Fachdienststellen zum Beispiel vom LKA beteiligt.“

Folgen Sie unserem Kriminalreporter Andreas Kopietz auf Twitter