Protest gegen Betreiber von Notunterkünften: Helfer in Flüchtlingsheimen ausgebremst

Kein Kindertanz mehr am Freitag, kein Kinderkino am Sonnabend und kein Deutschunterricht für die Eltern: Die Initiative Neue Nachbarschaft in Moabit hat ihre ehrenamtliche Hilfe für die Flüchtlinge in der Notunterkunft an der Levetzowstraße vorerst eingestellt. Vorausgegangen war ein Streit mit dem Heimbetreiber Gierso Boardinghaus Berlin GmbH. Die Initiative wirft der Gierso Untätigkeit und Schikanen gegen Flüchtlinge vor. Als Reaktion setzte der Betreiber die Helfer jetzt vor die Tür.

Die Vorwürfe der Neuen Nachbarschaft sind in einem Offenen Brief formuliert, der unter anderen an Sozialsenator Czaja und ans Landesamt für Gesundheit und Soziales gerichtet ist. Im Heim gebe es keine Betreuung für die mehr als 100 Kinder, heißt es da. Von verschlossenen Toilettentüren und dem Fehlen von warmem Duschwasser ist ebenso die Rede sowie davon, dass es für „fast 300 Bewohner“ nur fünf Waschmaschinen und vier Trockner gebe.

Weder Stifte noch Papier

„Familie müssen bis zu 14 Tage warten, bis sie Wäsche waschen können“, sagt Marina Naprushkina, die Sprecherin der Initiative. Diese besteht aus circa 20 Mitgliedern, sie kümmern sich seit Jahresbeginn, seitdem im einstigen Kleist-Gymnasium die Unterkunft eingerichtet wurde, um die Flüchtlinge, vor allem um die Kinder.

„Man schloss uns erst auf Bitten ein unbenutztes Zimmer auf, in dem wir die Kinder betreut haben“, sagt Naprushkina. Weder Stifte noch Papier seien vorhanden gewesen. Im Haus seien die Toiletten erst auf Bitten der Bewohner vom Wachpersonal aufgeschlossen worden.

Vom Heimbetreiber werden die Vorwürfe zurückgewiesen. „Wer so lügt, mit dem können wir nicht mehr zusammen arbeiten“, sagt Wilhelm Pleß, Mitglied der Geschäftsleitung der Gierso GmbH. Und: Natürlich gebe es im Heim eine Kinderbetreuung. Werktäglich kümmere sich eine Mitarbeiterin im Kinderraum darum. „Natürlich ist das keine reguläre Kita“, so Pleß.

Der einzige Vorwurf, den Pleß gelten lässt, ist der mit den Waschmaschinen. „Wir hatten am Montag eine Begehung mit dem Landesamt für Soziales und Gesundheit, im Haus. Darum hatte ich gebeten nach dem Brief. Es wurde beschlossen, dass mehr Waschmaschinen angeschafft werden.“

Kontrolle in allen Unterkünften

Das Landesamt für Soziales und Gesundheit (Lageso) will jetzt alle elf Notunterkünfte für Flüchtlinge in Berlin kontrollieren. Denn auch im Heim an der Wassersportallee in Grünau gibt es Kritik von Ehrenamtlichen am Betreiber. Dem Unternehmen PeWoBe wird vorgeworfen, dass es kaum Kinderbetreuung, zu wenig Aufenthaltsräume und sanitäre Anlagen gebe.

Auch in Grünau wurden die Ehrenamtlichen, die Deutschkurse im Heim anboten, rausgeworfen. Vom Lageso heißt es, die PeWoBe sei als zuverlässig bekannt. Man werden aber allen Vorwürfen nachgehen. Das Landesamt ist zuständig für die Flüchtlinge in Berlin. Derzeit seien es knapp 7 700, sagt Sprecherin Silvia Kostner.

Die Flüchtlinge seien in Notunterkünften und Heimen untergebracht, die von einem guten Dutzend Betreibern geführt werden. Vom Lageso erhalten die Betreiber pro Flüchtling Tagespauschalen zwischen 10 und 25 Euro. Davon muss alles, von der Renovierung, Möblierung über die Verpflegung bis zur Kinderbetreuung beglichen werden. Kostner: „Reich werden kann davon keiner, der seine Aufgabe ernst nimmt.“