„Berlin, Rock ’n’ Roll!“: So lief die große Fridays-for-Future-Demo
Die riesige Klimastreik-Aktion legte im Herzen von Berlin den Verkehr lahm. Mehr als 36.000 Menschen waren dem Aufruf von „Fridays for Future“ gefolgt.

Bei einem weiteren, dem elften globalen Klimastreik der Bewegung Fridays for Future sind am Freitag bundesweit Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Allein in Berlin waren es mehr als 36.000 Menschen, die am Protestzug durch das Regierungsviertel teilnahmen.
Unter dem Motto „People not Profit“ forderten die Demonstranten, nicht länger die Interessen von Konzernen über Menschenleben zu stellen. Die Klimakrise müsse endlich ernst genommen werden: 100 Milliarden Euro seien in Klimaschutz und Sicherheit zu investieren.
Fridays for Future: Klimakrise betrifft Jung und Alt
Sammelpunkt ist an diesem Freitagmorgen der Invalidenpark in Mitte. Fridays for Future war eine Schülerprotestbewegung, inzwischen haben sie Mitglieder aller Altersklassen. Ganze Kindergartengruppen sind gekommen, Rentner haben sich auf dem Platz versammelt. Unter dem Plakat „Omas for Future“ trafen sich rund 20 ältere Damen. Birgit Martens, eine engagierte Lehrerin, appelliert an die Eigenverantwortung jedes einzelnen. „Wir möchten die Menschen dazu animieren, aktiv zu werden“, sagt sie. „Denn jeder, in jedem Alter, kann etwas für das Klima tun.“
Andere Plakate werben für „Go vegan or go home“ oder warnen: „The Seasons are more irregular than my period.“ Die Studentin Elise Ruhemann hat sich ein besonderes Motiv ausgedacht: Das Plakat der 19-Jährigen zeigt eine schmelzende Freiheitsstatue, die nur mit einem Bikini bekleidet im Wasser steht. Über der Zeichnung steht die bekannte Zeile des Rappers Nelly: „It's getting hot in here, so take off all your clothes.“ Vor allem jetzt nach den schwierigen zwei Jahren der Corona-Pandemie sei es wichtig zu zeigen, dass die Bewegung immer noch relevant sei, sagt sie, und dass man weiter für die Klimaziele kämpfe.

Luisa Neubauer protestiert gegen den „fossilen Kanzler“
Als das Bühnenprogramm gegen Mittag startet, ist der Invalidenpark dicht gefüllt. Immer mehr Menschen versuchen, auf das Gelände zu kommen. Nach der Begrüßung durch die Moderatoren, die gemeinsam mit der Menge Sprüche rufen wie „Streik in der Schule, Uni und Fabrik – das ist unsere Antwort auf eure Politik!“, folgen einige Reden und Musikauftritte. Känguru-Autor Marc-Uwe Kling („Gar nichts ist prima mit dem Klima“) beschreibt seine Auffassung des Klimaschutzes der deutschen Politik so: „Klimaschutz ist wie deutscher Humor, Angela Merkel hat wenig dazu beigetragen.“
Höhepunkt ist der Auftritt der bekannten Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Sie sagt, dass die Klimakrise kein Zufall sei, sondern eine bewusste politische Entscheidung, aus der man mit „Business as usual“ nicht herauskomme. Sie sagt, es sei in so einer Zeit wie jetzt unverhältnismäßig, „einen fossilen Kanzler zu haben, der so viel fossile Brennstoffe einkauft, die wir niemals verbrennen können, um Klimaziele einzuhalten“. Sie nennt Olaf Scholz einen „fossiler Kanzler“. Neubauer bedankt sich bei den versammelten Aktivisten, die mit ihr immer noch für diese Ziele kämpfen. „Dafür gehen wir jetzt auf die Straße, Berlin, Rock 'n' Roll!“

Berlin: Friedlicher Demonstrationszug durchs Regierungsviertel
Schließlich setzt sich der Demozug Richtung Luisenstraße in Bewegung, vorneweg vor allem Schüler. An den Straßenrändern sind Lautsprecher aufgebaut, aus denen Sprüche wie „100 Milliarden fordern wir, bis ihr handelt, streiken wir“ erschallen. Die Aktivisten fordern Passanten am Straßenrand, sich dem Zug anzuschließen.
Angekommen vor der FDP-Zentrale in der Reinhardtstraße, werden die Demonstranten besonders laut und schimpfen auf Christian Lindners Partei und deren „klimafeindliche Politik“. Aktivsten rufen „Christian Lindner auf den Mond, das ist Raumfahrt, die sich lohnt!“, während andere Klimastreik-Flyer in die Scheibenwischer eines vor dem Gebäude geparkten AMG-Mercedes platzieren.
Die Berliner Polizei steht mit großem Aufgebot immer wieder am Straßenrand des Demozuges. Ein Polizist erklärt, dass Fridays-for-Future-Demos viel geordneter abliefen als andere Demonstrationen. Die Demonstranten ziehen weiter in Richtung Regierungsviertel. Von weitem ist das Lied der Berliner Band K.I.Z. zu hören: „Und wir singen im Atomschutzbunker / Hurra, diese Welt geht unter!“.