Prozess der Woche in Berlin: Die gehackte Bäckerei

Berlin - Es ist ein ungewöhnlicher Fall, der am kommenden Mittwoch am Amtsgericht in Königs Wusterhausen verhandelt wird. Angeklagt ist ein 42-jähriger Mann aus Eichwalde (Dahme-Spreewald). 

„Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Computersabotage vor“, sagt Amtsgerichtsdirektor Matthias Deller. Der Angeklagte soll sich zu Weihnachten 2013 unberechtigt in das IT-Netzwerk einer großen Bäckereikette gehackt haben.

Laut Anklage kannte der Mann die Zugangsdaten für das Netzwerk - er hatte früher bei dem Softwaredienstleister des Unternehmens als Supporttechniker gearbeitet und war vier Wochen vor dem mutmaßlichen Hackerangriff im Streit gegangen. Möglicherweise handelte der Mann aus Rache.

Tatverdächtiger leugnet

Die Anklage wirft ihm vor, bei einem einmaligen Hackerangriff, der mehr als drei Stunden gedauert haben soll, in das Kassensystem des Bäckereiunternehmens eingedrungen zu sein. Dort soll er wesentliche Daten gelöscht haben. Dabei soll der Angeklagte einen Schaden von mehr als 108.000 Euro verursacht haben. Der Mann selbst soll die Tat geleugnet haben. Er soll erklärt haben, dass er zur Tatzeit nicht an seinem Computer war.

Zwei Zeugen, die die Verteidigung benannte, sollen in dem Verfahren das Alibi des Angeklagten bestätigen. Insgesamt sollen sechs Zeugen gehört werden. Bei einer Verurteilung wegen Computersabotage in einem besonders schweren Fall droht dem Angeklagten eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Nur neun Prozent der Fälle werden angezeigt

Dass der Fall überhaupt bekannt und aufgeklärt wurde, ist schon erstaunlich. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes hat eine Dunkelfelduntersuchung des Landeskriminalamtes Niedersachsen im Jahr 2013 ergeben, dass nur neun Prozent aller Delikte im Bereich Cybercrime angezeigt werden.

Insbesondere bei der „Computersabotage und Datenveränderung“ komme hinzu, dass eine große Anzahl von Straftaten aufgrund „immer weiter verbreiteter Sicherungseinrichtungen über das Versuchsstadium nicht hinauskommt und von dem Geschädigten nicht angezeigt wird“, wie es im Bundeslagebild Cybercrime heißt.

Straftaten würden zudem oftmals auch nicht erkannt oder aber der Geschädigte - häufig ein Unternehmen - zeige die Straftat nicht an, um beispielsweise im Kundenkreis die Reputation als sicherer und zuverlässiger Partner nicht zu verlieren." 

Wurden 1987 bei den Delikten „Datenveränderung und Computersabotage“ deutschlandweit 72 Fälle gezählt, so stieg die Zahl in den Folgejahren beständig. Die meisten Fälle wurden bisher im Jahr 2013 bekannt: 12.766. Im vergangenen Jahr registrierten die Landeskriminalämter insgesamt 4422 derartige Delikte.

Der öffentliche Prozess beginnt am Mittwoch um 9.30 Uhr im Saal 7 des Amtsgerichts Königs Wusterhausen. Das Amtsgericht befindet sich in der Friedrich-Engels-Straße 58 in Wildau.