Prozess gegen Diebesbande: 103-Jähriger aus Lankwitz warf Kriminelle aus der Wohnung

Ihr ältestes Opfer war 103 Jahre alt. Doch bei dem betagten Herrn aus Lankwitz hatten die mutmaßlichen Diebe keine Chance. Der Senior ließ sie zweimal abblitzen. Seit Montag müssen sich die vier Tatverdächtigen – zwei Frauen und zwei Männer – vor dem Landgericht verantworten. Die 24 bis 54-jährigen Arbeitslosen sollen sich zu einer Bande zusammengeschlossen haben, um Wohnungen von betagten Frauen und Männern auszuräumen. Dazu sollen sie ihren Opfern die Wohnungsschlüssel gestohlen oder sich unter einem Vorwand Zutritt zur Wohnung verschafft haben.

Die Anklage geht von sechs Taten aus, begangen zwischen November 2016 und März 2017. Allerdings waren die mutmaßlichen Diebe nur in zwei Fällen erfolgreich. So sollen sie ein Ehepaar in Reinickendorf beobachtet haben. Als die 79-jährige Frau und ihr 84-jähriger Ehemann die Wohnung verließen, um zum Arzt zu fahren, soll sie die nun angeklagte 54-jährige Jadwiga G. angesprochen und sie ungefragt umarmt haben. Dabei stahl sie dem Mann offenbar die Wohnungsschlüssel aus der Jacke. Dann sollen Jadwiga G. und ihre mitangeklagte Tochter aus der Wohnung Mäntel und Jacken gestohlen haben.

Ähnlich ging die Bande laut Anklage bei einem 72-Jährigen aus Reinickendorf vor. Wieder soll es Jadwiga G. gewesen sein, die dem Mann bei einer Umarmung die Wohnungsschlüssel entwendete. Die Beute: 2000 Euro und Goldschmuck im Wert von 3000 Euro.

„Mitarbeiter Schmidt der AOK Potsdam“

Die Angeklagten scheiterten allerdings bei einem 91-jährigen Mann, einer 86-jährigen Frau und einem 73-jährigen Mann. Und auch der 103-Jährige ließ sich nicht täuschen. Die Bande soll versucht haben, den Senior mit einem Anruf aus der Wohnung zu locken, um ihm die Schlüssel stehlen zu können. So gab sich ein Angeklagter telefonisch als „Mitarbeiter Schmidt der AOK Potsdam“ aus und erklärte, der Senior müsse schnell in die Filiale kommen, um wichtige Unterlagen zu unterschreiben.

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Als der 103-Jährige die Wohnung aber nicht verließ, klingelten zwei der mutmaßlichen Diebe an der Wohnungstür. Doch das auserkorene Opfer hatte beim Öffnen der Tür die Sicherungskette vorgelegt – um dann die Tür wieder zuzuschlagen. Kurz darauf wurden die Tatverdächtigen festgenommen.

Die Angeklagten schweigen, obwohl ihnen der Vorsitzende Richter eine Aussage ans Herz legt. Damit könne man den Opfern ersparen, alles bis ins Detail noch einmal zu erleben, erklärt er. Der Prozess wird fortgesetzt.