Pünktlich zum Sommerstart: S-Bahn setzt mehr Züge mit Klimaanlagen ein
Früher als geplant wird eine weitere Strecke in Berlin auf die jüngste Fahrzeuggeneration umgestellt. 2023 kommt der Ring an die Reihe – mit einer Neuerung.

Rechtzeitig zum Beginn des Sommers stellt die S-Bahn Berlin eine weitere Linie auf neue, klimatisierte Züge um. Von Montag an, einige Tage früher als geplant, sind auf der Linie S46 zwischen Westend und Königs Wusterhausen fabrikneue Fahrzeuge unterwegs. „Der Einsatz beginnt überpünktlich“, sagte S-Bahn-Chef Peter Buchner am Freitag. Er stellte den Zeitplan für die weiteren Umstellungen vor. So werden im kommenden Jahr auch die stark genutzten Ringlinien S41 und S42 mit Wagen neuesten Typs ausgestattet. Auf dem Ring wird es eine weitere Veränderung geben.
In den neuen S-Bahnen ist es drinnen nur etwas kühler als draußen. „Der Unterschied soll drei Grad betragen“, erklärte Peter Buchner. Aber das reicht schon aus, dass die Fahrgäste einen deutlichen Unterschied spüren. In den Zügen der Baureihe 483/484, der jüngsten S-Bahn-Generation für Berlin und Brandenburg, ist der Aufenthalt bei Hitze für viele angenehmer als in den älteren Fahrzeugen.
Schienenersatzverkehr nach Königs Wusterhausen beginnt am 8. Juli
In der Neujahrsnacht 2021, um 0.01 Uhr, nahmen die ersten Exemplare des neuesten Fahrzeugtyps auf der Linie S47 zwischen Spindlersfeld und Hermannstraße den Betrieb auf. Seit Beginn dieses Jahres verkehren die Züge, deren Front manch einen an Tablet-Computer erinnert, außerdem auf der S45 zwischen dem Flughafen BER und Südkreuz.
Mit dem Einsatz auf der S46 steigt die Zahl der neuen Wagen mit Klimaanlage auf 118. Die 41 Kilometer lange S-Bahn-Linie, die quer durch Berlin verläuft, sollte eigentlich erst zum 1. Juli umgestellt werden. „Doch nun können wir schon in der Nacht zu Montag starten“, so Buchner. Genauer gesagt um 3.55 Uhr in der Frühe. „Für die S46 sind 14 Halbzüge vorgesehen“, heißt es – unter diesem Begriff verstehen S-Bahner Vier-Wagen-Einheiten.
Die brandneuen Fahrzeuge werden sieben Vollzüge mit jeweils acht Wagen bilden, die auf der Strecke hin und her fahren. „Rund 60.000 Fahrgäste täglich profitieren von der Umstellung. Die neuen Züge bieten nicht nur eine Klimaanlage, sondern auch mehr Platz und Komfort“, so der S-Bahn-Chef. Wegen Bauarbeiten wird die S46 allerdings vom Abend des 8. Juli bis 25. August vorübergehend in Grünau enden. Von dort bis Königs Wusterhausen ist Schienenersatzverkehr mit Bussen angesagt.
Als nächste Linie wird die S8 umgestellt
Mit den Herstellern der neuen S-Bahn-Generation, Stadler in Pankow und Siemens, zeigte sich Peter Buchner „unverändert zufrieden“. „Bei neuen Bahnfahrzeugen ist das nicht selbstverständlich.“ Viele Züge seien früher als geplant geliefert worden. Von den anfänglichen Softwareproblemen ist inzwischen nicht mehr die Rede.
Der nächste Meilenstein werde die Umstellung der Linie S8 sein, die Wildau mit Birkenwerder verbindet. „Dort sollen die neuen Züge vom 14. Oktober an fahren“, bekräftigte der S-Bahn-Chef am Freitag. Im kommenden Jahr folgen dann die Ringlinien S41 und S42. Dort beginnt der Einsatz in zwei Wellen. Im Frühjahr 2023 sind die Fahrten an der Reihe, die den Zehn-Minuten-Grundtakt auf der Strecke ohne Ende bilden. Im Herbst 2023 werden auch die übrigen Fahrten von neuen Zügen durchgeführt.
Wertvolles Alu: Für jeweils zwei Wagen gibt es eine fünfstellige Summe
Wichtig für die Fahrgäste: „Auf den Ringlinien wird die neue Baureihe mit Acht-Wagen-Zügen verkehren“, sagte Buchner. Damit nimmt dort die Kapazität um ein Drittel zu. Derzeit sind auf den Linien S41 und S42 ausschließlich Sechs-Wagen-Züge unterwegs.
„Wenn wir noch mehr Menschen dazu gewinnen wollen, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen, müssen wir die Leistungsfähigkeit erhöhen“, so der Geschäftsführer. Im Mai hatten die Fahrgastzahlen bei der S-Bahn Berlin bereits wieder 85 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht. Das 9-Euro-Ticket, das es seit Anfang Juni gibt und von dem die S-Bahn mittlerweile rund 475.000 Stück verkauft hat, habe die Quote auf 95 Prozent gedrückt. Mit der neuen Baureihe schafft das Unternehmen weitere Kapazität. Wenn Ende des kommenden Jahres alle bestellten Züge eingetroffen sind, wird die S-Bahn 106 Zwei-Wagen-Einheiten mehr als heute haben.

Wie berichtet führt die Umstellung auf der Linie S46 dazu, dass weitere noch zu DDR-Zeiten konstruierte S-Bahnen der Baureihe 485 arbeitslos werden. Auf dieser Strecke soll der Einsatz schon an diesem Freitagabend enden. Wenn Mitte Oktober auch auf der Linie S8 neue Züge den Betrieb aufnehmen, werden weitere 485-er auf dem Abstellgleis landen. Zum 14. April 2023 sollen die einstigen „Coladosen“ (die ihre rote Lackierung längst zugunsten der S-Bahn-Traditionsfarben Bordeauxrot und Ockergelb verloren haben) mit der Linie S85 zwischen Grünau und Pankow ihr letztes Einsatzgebiet verlieren. Dann endet bei der S-Bahn ein wichtiges Kapitel der Fahrzeuggeschichte.
Im Gespräch ist, dass der Verein Historische S-Bahn Berlin einen Zug der Baureihe 485 übernimmt. Die übrigen Wagen sollen dagegen nach und nach verschrottet werden. Den Auftrag bekam die Firma Bender in Opladen. Weil die Wagenkästen aus Aluminium bestehen, das auf dem Rohstoffmarkt immer höhere Preise erzielt, muss die S-Bahn nichts zahlen. Im Gegenteil: Sie bekommt Geld, pro Zwei-Wagen-Einheit ein fünfstelliger Betrag, hieß es. Von rund 50.000 Euro ist die Rede.
Die neue Baureihe 483/484 ist im Werk Grünau stationiert. Dort hat eine 160 Meter lange XXL-Waschanlage, in die ein Acht-Wagen-Zug passt, den Betrieb aufgenommen. Zu ihr gehört auch eine Grube, in der nach Wildunfällen die Kadaver entfernt werden können. Es ist die zweite Außenreinigungsanlage, die das polnische Unternehmen Achat für die S-Bahn gebaut hat. Die erste entstand 2016 in Friedrichsfelde. „In den vergangenen zwei Jahren wurden die Züge hier mit der Hand gewaschen“, sagte der Grünauer Werksleiter Dirk Retzke. Jetzt übernimmt das die Anlage in 28 Minuten mit drei bis vier Kubikmeter Wasser.