PxP-Festival in Berlin: Fettes Brot, Lena und Gentleman singen am Kindertag gegen den Krieg
Berlin - Als Kinder sind sie vor dem Krieg in Eritrea geflohen. Nun organisieren Fetsum Sebhat und Teddy Tewelde ein Musikfestival in der Wuhlheide und sammeln mit viel prominenter Unterstützung am Wochenende Geld für eine Berliner Schule.
Im Computerraum der Reinickendorfer Paul-Löbe-Schule ist es an diesem Mittwoch ganz still, alle arbeiten konzentriert. 15 Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse sitzen vor ihren Rechnern. Zwei junge Männer, IT-Experten, gehen umher und helfen, wenn jemand Fragen hat. Niemand langweilt sich, keiner stört den Unterricht und die Schulleiterin ist begeistert. „Es ist toll, wenn so ein Profiteam an unsere Schule kommt“, sagt Elke Rimpau.
Nur einen Lehrer hat die Schulleiterin für den informationstechnischen Grundkurs, er ist zuständig für 480 Schüler. Das reicht längst nicht aus. Dabei ließen sich die Schüler für neue Technik schnell begeistern.
Erstes Benefizkonzert 2016
Seit Februar diesen Jahres bekommt die Schule nun Unterstützung. Dreimal pro Woche übernehmen zwei Computerexperten den Unterricht. „Wir brauchen noch viel mehr davon“, sagt Schulleiterin Elke Rimpau.
Zwei Männer stehen an diesem Mittwoch auch im Computerraum und begrüßen die IT-Lehrer und die Schüler mit herzlichen Gesten. Die beiden haben dafür gesorgt, dass die Paul-Löbe-Schule Unterstützung bekommt. „Es geht um Bildung, um den Zugang zu neuen Technologien“, sagt Fetsum Sebath. „Denn Bildung ist die Kernsäule von Friedenskultur.“
Auftritte mit Max Herre und Peter Fox
Fetsum Sebath ist so etwas wie ein Friedensbotschafter, die Stimme der Flüchtlingskinder, die traumatisiert sind von Flucht, Kriegen und Krisen. Im Sommer 2016, als er die Bilder der ertrunkenen Flüchtlinge im Mittelmeer sieht, entscheidet er sich, etwas dagegen zu tun, etwa ein Musikfestival zu organisieren und dort Geld für diese Kinder zu sammeln. Fetsum erinnert sich an seine Kindheit, als seine Eltern während des Unabhängigkeitskrieges aus Eritrea fliehen müssen.
Die Familie zieht nach Stuttgart. Dort lernt Fetsum später die Hip-Hop-Szene kennen, er singt mit Max Herre, begleitet Seeed und die Söhne Mannheims und veröffentlicht eigene Songs. Die Kontakte zu den Musikern helfen ihm, im Jahr 2016 das erste Benefizkonzert zu organisieren. Er nennt es Peace by Peace, was etwa heißt: Stück für Stück mehr Frieden.
Cro und Clueso
Im Juni 2016 versammeln sich etliche namhafte Musiker in der Waldbühne zu einem stundenlangen Open-Air-Konzert vor 20.000 Zuschauern: Cro, Clueso, Aloe Blacc, Joy Denalane, Afrob, Megaloh, Beatsteaks und Seeed. Die Künstler verzichten auf ihre Gagen. Ein Jahr später singen beim zweiten PxP-Festival erneut namhafte Musiker in der Waldbühne: Herbert Grönemeyer, Die Fantastischen Vier, Bilderbuch, Fritz Kalkbrenner. Mehr als 800.000 Euro kommen in beiden Jahren zusammen.
Mit dem Geld unterstützt er die Unicef-Hilfsprojekte für Kinder in Jordanien, Syrien, Somalia, Nigeria. Die Kinder bekommen Lebensmittel und Unterrichtsmaterialien. Fetsum Sebath begleitet die Projekte, er besucht Flüchtlingslager und Schulen.
Und er will, dass das musikalische Hilfswerk weiterwächst.
Fettes Brot und Gentleman
Für die eigene Musik bleibt kaum noch Zeit. Es gibt Wichtigeres zu erledigen: Fetsum Sebath holt sich Verstärkung, sein Freund Teddy Tewelde kommt hinzu. Beide kennen sich seit ihrer Kindheit, kamen beide als Flüchtlinge nach Deutschland, ihre Eltern sind befreundet. Tewelde gibt sein Schuhgeschäft am Rosenthaler Platz in Mitte auf, fortan kümmern sich beide um das PxP-Projekt, das in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet: diesmal am 1. Juni, dem internationalen Kindertag, in der Parkbühne Wuhlheide.
Mit dabei sind in diesem Jahr Musiker wie Silbermond, Fettes Brot und Chefket. Mittlerweile ist das Festival Europas größtes Benefiz-Festival für Kinder. Fetsum Sebath und Teddy Tewelde haben nicht nur die großen Krisengebiete im Blick, sondern auch die kleinen in Berlin. Sie bieten Schülern kostenlose Wochenend- und Ferienkurse an, in denen es um Computer und neue Technologien geht. Bildung soll kein Privileg für Kinder aus gutbürgerlichen Familien sein. „Wir können auch in der eigenen Stadt helfen“, sagt Fetsum Sebath, als er im Computerraum der Paul-Löbe-Schule steht.
An die Zukunft glauben
Es ist eine integrierte Sekundarschule in einem sozialen Brennpunkt. Der Großteil lebt in prekären Familienverhältnissen, 60 Prozent sind nichtdeutscher Herkunft. Acht Sozialarbeiter und ein Psychologe kümmern sich um das Wohl der Schüler.
Und nun auch die IT-Experten im Computerraum. Sie helfen den Schülern, Präsentationen und Webseiten zu erstellen oder Programmiersprachen zu lernen. Neulich waren die Schüler zu Besuch bei Siemens und Microsoft. „Alle waren begeistert“, sagt Fetsum Sebath. „Es wäre schön, wenn die Schüler an ihre Zukunft glauben.“