Raed Saleh mit Appell an die Grünen: „Spandau braucht die Verlängerung der U7“

Berlin blickt zur Wahl gespannt nach Spandau, hier könnte das Rennen von SPD und CDU wieder knapp werden. SPD-Vorsitzender Raed Saleh hat mit uns über seinen Wohnort gesprochen. 

Raed Saleh (SPD) gibt klare Antwort auf die Frage nach der Verlängerung der U7 und fordert diese so schnell wie möglich.
Raed Saleh (SPD) gibt klare Antwort auf die Frage nach der Verlängerung der U7 und fordert diese so schnell wie möglich.Carsten Koall/dpa

Das Wahlergebnis der vergangenen Abgeordnetenhauswahl 2021, die jetzt wiederholt werden muss, war besonders in Spandau denkbar knapp. Das Rennen lieferten sich damals CDU und SPD, schlussendlich sicherten sich die Sozialdemokraten die Mehrheit der Erststimme. Bei der Zweitstimme lag die CDU leicht vorne. Insgesamt wurden in Berlin die Sozialdemokraten mit Franziska Giffey als Regierende Bürgermeisterin stärkste Kraft; laut aktuellen Umfragen liegt dieses Jahr allerdings die CDU vor der SPD.

Umso wichtiger werden für die Wiederholungswahl also die Bezirke, in denen Mehrheiten schnell wechseln können. Spandau ist mit knapp 250.000 Bewohnern zwar der Bezirk mit den wenigsten Einwohnern Berlins, aber als Swing State für die Wahl nicht zu unterschätzen. Auch deshalb, weil zwei Spitzenpolitiker der konkurrierenden Parteien in Spandau wohnen und hier Wahlkampf machen. Wir haben Raed Saleh, Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, sechs Fragen zu Spandau gestellt – mal persönlicher, mal politischer Natur. 

Herr Saleh, warum wohnen Sie in Spandau und nicht in Mitte?

Raed Saleh: Als meine Eltern mit meinen Geschwistern und mir nach Berlin kamen, fanden sie Spandau irgendwie cooler als Mitte. Aber Spaß beiseite, ich bin aufgewachsen in der Hochhaussiedlung Heerstraße Nord. Mit meiner Familie lebe ich heute im Spandauer Süden, meine Mutter wohnt bis heute gern im Kiez Heerstraße Nord. Ich fühle mich in Spandau sehr wohl und obwohl es in Berlin in jedem Bezirk schöne Fleckchen gibt, würde ich nirgendwo anders leben wollen.

Wenn Sie mit Spandau-Laien sprechen: Welche Orte sollte man in Spandau besser meiden?

Bis vor wenigen Jahren gab es einen recht unscheinbaren Platz beim ehemaligen Kriegsverbrechergefängnis, in dem der Naziverbrecher Rudolf Heß gefangen war und schließlich Suizid beging. Der Platz war unschön anzusehen und über lange Zeit ein Pilgerort für Neonazis aus der ganzen Republik, jedes Jahr aufs Neue haben wir in einem breiten Bündnis aus demokratischen Parteien, Verbänden, Kirchen und weiteren zivilgesellschaftlichen Akteuren dagegengehalten. Vor ein paar Jahren dann haben wir den Ort umgewidmet zum „Platz der weißen Rose“, haben Blumen dort gepflanzt und auch ohne Naziaufmarsch ein Fest der Demokratie gefeiert. Bis vor ein paar Jahren also hätte ich den Ort keineswegs empfohlen – heute eignet er sich gut zum Beispiel für ein Picknick im Grünen in dem Wissen, dass Demokratinnen und Demokraten gemeinsam viel bewegen können.

Verlängerung der U7 in Spandau: Muss das sein und wenn ja, bis wann?

In Kurzform: Ja, das muss sein. Spandau ist von der Größe und Einwohnerzahl so wie auch alle anderen Berliner Bezirke eine Großstadt, bis auf eine Handvoll S- und U-Bahn-Stationen gibt es bei uns aber nur den BVG-Bus als öffentlichen Nahverkehr. Und zum Zeitpunkt, ganz klar: So schnell wie möglich. Die Planung der Verlängerung der U7 bis zur Heerstraße Nord hat in diesem Jahr nun endlich begonnen, die nötigen Gelder hat das Berliner Parlament längst bereitgestellt. Hier wünsche ich mir auch mehr Mut von der zuständigen Verkehrssenatorin. Wo stünden wir schließlich in Berlin heute, wenn die Verantwortlichen vor mehr als 100 Jahren nicht den Mut gehabt hätten, groß zu denken und das Berliner U-Bahn-Netz zu bauen?

Was kann Spandau, was die anderen Bezirke nicht können?

Jeder unserer zwölf Berliner Bezirke hat seine ganz eigenen Vorzüge. Auch wenn manche das vielleicht nicht erwartet hätten: Spandau kann zum Beispiel richtig gut Musik! Beim alljährlichen Fête de la Musique verwandeln sich ganze Straßenzüge Spandaus in Orte der Musik und der Begegnung. Und auch wenn viele das nicht wissen – die, wie sie selbst sagt, „beste Band der Welt“ Die Ärzte kommt aus Spandau, ebenso wie der bekannte Musiker Adel Tawil.

Stau und Stehen auf der Heerstraße: Ist das bereits Blick in die Vergangenheit oder Problem der Zukunft?

Der Stau auf der Heerstraße ist tatsächlich immer wieder ein Problem. Auch deshalb setze ich mich ja so entschieden für die Verlängerung der U7 nach Staaken und Heerstraße Nord ein. Damit schließen wir Zehntausende Berlinerinnen und Berliner ans U-Bahn-Netz an, die bisher entweder aufs Auto angewiesen sind oder mit dem Bus umständlich meist erst einmal zum Rathaus Spandau oder Bahnhof Heerstraße fahren müssen – und nicht nur aus Staaken, sondern ebenso die aus dem Spandauer Süden, aus Gatow und Kladow. Und auch die BVG-Busse stehen bekanntlich im Stau. Deshalb wollen wir jetzt auch prüfen, ob zusätzlich dazu am Hahneberg viele neue Park-and-Ride Parkplätze entstehen können. Das würde den Pendlern aus Brandenburg den Anreiz bieten, ihr Auto an der Stadtgrenze häufiger stehen zu lassen und mit dem ÖPNV weiterzufahren. Kurzum: Ich möchte den Berlinerinnen und Berlinern endlich ein besseres Angebot machen, den ÖPNV noch mehr zu nutzen. Dafür brauchen wir aber eben echte Angebote – von der grün geführten Verkehrsverwaltung wünsche ich mir da noch mehr Tempo. Das entlastet dann auch wiederum den Verkehr auf der Heerstraße und überall in Berlin.

Für viele Berlinerinnen und Berliner ist Wohnraum das größte Problem und Thema der Wahl. Gilt das auch für Spandau?

Bezahlbarer Wohnraum ist auch in Spandau ein Problem, ja klar. Mein Gefühl durch die vielen Gespräche mit den Menschen in meinem Heimatbezirk sagt mir aber, dass für die Spandauerinnen und Spandauer eine bessere Infrastruktur bei uns ein mindestens genauso dringliches Problem ist. In den letzten Jahren ist in Spandau sehr viel neuer Wohnraum entstanden, wir haben mehrere neue Wohnquartiere mit teilweise jeweils mehr als 1000 Wohnungen, die vor kurzem fertiggestellt wurden oder in Kürze fertig werden. Die Menschen spüren aber, dass die Infrastruktur nicht im gleichen Maße mitwächst. Insbesondere beim Verkehr hakt es da noch ziemlich. Die bisherige Antwort der Verwaltung, dann eben einmal vielleicht ein wenig die Taktzahlen der Busse zu erhöhen, reicht einfach nicht aus, wenn ein neuer Kiez entsteht mit 3000 Neu- und Alt-Berlinerinnen und Berlinern. Wie bereits gesagt: Hier wünsche ich mir mehr Mut und Tempo, die Themen endlich anzupacken.

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