Die sieben besten Tipps, wie man in Berlin eine Wohnung findet – ohne Beziehungen

Unser Autor hatte nur wenige Wochen Zeit, eine Wohnung in Berlin zu finden. Eine utopische Aufgabe und ein Wettlauf gegen die Zeit.

Wie verhält man sich bei Wohnungsbesichtigungen? Tipps unseres Autors zur Wohnungsfindung
Wie verhält man sich bei Wohnungsbesichtigungen? Tipps unseres Autors zur Wohnungsfindungphotothek/Imago

Mir bleiben nur sechs Wochen. 32 Tage, um genau zu sein. Keine große Zeitspanne, um in Berlin eine Wohnung zu finden. Ursprünglich dachte ich nämlich, in meiner Wohnung in Wilmersdorf bleiben zu können. Jedoch führten die Fehlkommunikation seitens meiner Hausverwaltung sowie Sanierungsarbeiten zu meinem faktischen Auszug aus der Wohnung. Die Mitteilung erhalte ich sechs Wochen vor dem Ende des Mietvertrages. Ein Schock.

Schnelles Handeln ist nach einer Nacht der Wut und Ohnmacht gefragt. Das sagen mir auch Freunde und Arbeitskollegen. „Du musst jetzt sehr intensiv suchen und so vielen Menschen wie möglich von deiner prekären Situation erzählen“, sagt mir mein ehemaliger Mitbewohner. Anderswo höre ich, dass es „utopisch“ wäre, in solch einer kurzen Zeit in Berlin eine Wohnung zu finden. Ich denke, er hat recht. Die Wohnungsnot ist eines der dringendsten Probleme der Stadt. Wenn nicht sogar das größte.

Ich stehe also gemeinsam mit meiner Partnerin vor einer Herkulesaufgabe: Wohnungssuche in Berlin und dann auch noch ohne Kontakte, die uns sofort weiterhelfen können?! Wenn möglich, soll die Wohnung auch noch unweit des Berliner S-Bahn-Rings liegen. Also machen wir einen Plan. Wen kontaktieren wir? Auf welchen Plattformen suchen wir? Wie hoch ist unser Budget? Innerhalb eines Tages steht auf den letzten Seiten meines Notizbuchs eine „Roadmap“ für das Ziel „Wohnung finden!“.

1. In den sozialen Medien suchen

Wir sorgen in den sozialen Medien für ordentlich Schwingungen. Ob in der Facebook-Gruppe ehemaliger Mitschüler, in einer Instagram-Story oder einem Tweet: Wir schreiben überall kurz und prägnant unsere Notsituation auf. „Berliner Miethai hat mich nun auch besucht. Muss raus aus meiner Wohnung, suche deshalb ab März eine Zweizimmer-Wohnung. Egal wo in Berlin. Wäre euch dankbar, wenn ihr Augen und Ohren offen haltet. Zur Not auch Zwischenmiete“, lauten meine Aufrufe.

Wir benachrichtigen auch Freunde und Bekannte, die vielleicht kein aktives Social-Media-Leben führen. In der Familie sagen wir es Tanten und Cousins sowie den Großeltern. Wir scheuen uns auch nicht davor, auf der Arbeit unseren Kollegen davon zu erzählen. Besonders das potenziell große Arbeitsumfeld kann – falls man über Vitamin B nicht zu einer Wohnung kommt – immer wieder hilfreich sein. Nützliche Hinweise oder eine Kontaktvermittlung sind gern gesehen.

2. In Wohnungsportalen anmelden

Zudem melden wir uns auf allen gängigen Wohnungssuchportalen an: Immoscout, Immowelt, Ebay-Kleinanzeigen. Schon die erste Suche verdeutlicht die schier endlose Masse an Angeboten, jedoch will eine passende Wohnung nur sehr selten ohne Umwege zu einem finden. Mal ist die Miete zu hoch, die Entfernung zum öffentlichen Nahverkehr zu weit oder ein Angebot ist nach wenigen Sekunden wieder deaktiviert.

3. Die Vorteile der Premium-Accounts

Deshalb entscheiden wir uns – nach Tipps von Freunden – für die jeweiligen Premium-Accounts der Suchportale. Mit einem Plus-Account solle man häufiger Anzeigen bekommen und in Anfragen höher gelistet werden. Vermieter oder Genossenschaften könne man auch direkt anrufen, was die Chancen einer erfolgreichen Wohnungssuche erhöhe. Dem Zeitdruck geschuldet hinterfragen wir das Premium-System nicht und zahlen die 60 Euro für zwei Monate.

Unser Autor sucht täglich nach neuen Wohnungsangeboten. (Symbolbild)
Unser Autor sucht täglich nach neuen Wohnungsangeboten. (Symbolbild)wolterfoto/Imago

4. Vollständigkeit der Unterlagen

In den Suchportalen machen wir uns nackig. Natürlich nicht anhand von freizügigen Bildern. Aber wir laden Dutzende persönliche Dokumente hoch, ohne die man heutzutage kaum eine Wohnung finden dürfte. Selbstauskünfte, unsere Einkommens- und Mietnachweise, Personaldaten und Schufa-Auskünfte. Auch ein kurzer Text, warum, wieso und weshalb wir eine Wohnung suchen, gehört zu unserem Portfolio. Wichtig ist es, immer alle Dokumente beisammenzuhaben. Falls was fehle, sollen die Chancen, eine Wohnung zu ergattern, verschwindend gering seien. Wir fühlen uns beim Sammeln all der Papiere wie bei einer Bewerbung für den öffentlichen Dienst.

5. Ein Telefonat ist besser als eine E-Mail

Je kürzer der Draht zum Vermieter, desto höher sind die Chancen, wahrgenommen zu werden. Deshalb versuchen wir stets die Personen oder Verwaltungen, die eine interessante Wohnung anbieten, direkt anzurufen und nicht per E-Mail anzuschreiben. Das hat mir schon mehrere Male bei der Wohnungssuche entscheidend weitergeholfen. Ein Telefonat nimmt der Vermieter stärker wahr, eine kurze Vorstellung kann vorteilhafter sein als eine zweizeilige E-Mail. In meinem Fall ist es ein Telefonat mit einem Berliner Wohnungsverwalter, der mich in der Wohnungssuche weiterbringt.

6. Lieber intensiv und kurz als locker und langwierig suchen

Ein wichtiger Punkt ist die Herangehensweise der Suche. Ich wusste, dass einige Freunde teilweise über ein Jahr lang eine neue Wohnung suchten. So war mir klar, dass ich ein sehr intensives Pensum für die Wohnungssuche an den Tag legen muss. Einmal die Woche eine halbe Stunde in den Apps reichen da nicht aus. Zum Beispiel halte ich stets das Smartphone griffbereit, für Meldungen oder Nachrichten auf den jeweiligen Apps, damit ich reagieren kann. Alle drei Stunden bekomme ich dann noch E-Mails von den Plattformen, falls neue Wohnungen aus meinem Suchfilter angeboten werden. Die Suchplattformen werden in den kommenden Tagen die meistgenutzten Apps auf meinem Telefon, zeigt mir meine Kontrollapp an.

7. Die Etappe Wohnungsbesichtigung

Falls es dann mal mit einer Wohnungsbesichtigung klappen sollte, hilft ein pünktliches und ordentliches Auftreten. Es kann passieren, dass bei kleineren Wohnungsbesichtigungen eine Verspätung von 15 Minuten sich negativ auswirken kann. Bei der Besichtigung schadet nie ein kleiner Small Talk. Man kann sich noch mal kurz vorstellen oder spricht über die Wohnung, das Einzugsdatum oder die Mietdauer.

Der Trend vergangener Jahre geht in die Richtung, dass ausgefüllte Dokumente nur noch online in einem hauseigenen Portal oder per E-Mail abgeschickt werden. Auch hier lohnt sich schnelles Handeln, da ich somit zeige, dass ich die Wohnung unbedingt haben will. Ein wiederholter Anruf wenige Tage nach Abschicken der Wohnungsbewerbung lohnt sich auch. Hier kann man sein Vorhaben, die Wohnung zu mieten, dem Vermieter nochmals verdeutlichen.

Glück gehört auch dazu

Zu guter Letzt braucht eine erfolgreiche Wohnungssuche auch ein wenig Glück und genügend Durchhaltevermögen. Mal wird es Tage geben, da kommt jede Viertelstunde ein passendes Angebot reingeflogen, mal ist dann für zwei Tage Funkstille. Das Geheimnis ist es, trotzdem schnell zu sein – da Angebote nicht selten nach wenigen Minuten von den Vermietern wieder deaktiviert werden.

Bei Wohnungsbesichtigungen bedarf es zumeist einfach dem Glück. Die Chancen erhöhen sich schon erheblich, wenn sich bei Besichtigungen keine meterlangen Schlangen bis auf die Bordsteinkante bilden. Ich hörte von Vermietern, dass sich von zehn Interessenten circa sieben bewerben. Wenn bei einer Besichtigung also weniger Parteien anwesend sind, stehen die Chancen auch besser.

Nach utopisch klingenden vier Wochen der Wohnungssuche in Berlin bekomme ich dann eine positive Rückmeldung auf meine Bewerbung. Eine Zweizimmerwohnung in Charlottenburg. Ich freue mich wahnsinnig, dem Berliner Wohnungswahnsinn so schnell entkommen zu sein. In der Bilanz sind es trotzdem über hundert geschriebene E-Mails, mehrere Dutzend Telefonate und über zehn Wohnungsbesichtigungen.

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