rbb-Reporter auf dem Hilfsschiff: Ärger auf der "Sea Watch" - Crew will keine Live-Berichte von Bord mehr

Von der Grundidee sind die beiden nun zerstrittenen Seiten noch immer überzeugt: Da ist dieser umgebaute Fischkutter namens „Sea Watch“, mit dem ein Team von Freiwilligen um den Brandenburger Unternehmer Harald Höppner im Mittelmeer den Flüchtlingen aus Afrika helfen will – mit dabei auch der Reporter Michael Hölzen vom Rundfunk Berlin Brandenburg. Der wollte in einem tägliches Logbuch fürs Radio und fürs RBB-Fernsehen von der Hilfsaktion berichten. Doch die Kooperation für die gute Sache nahm am Donnerstag ein dramatisches Ende. Der Reporter stieg aus.

„Von Bord geschickt“

Radio-Eins-Programmchef Robert Skuppin sagte: „Höppner und seine ehrenamtlichen Helfer haben unseren Reporter Michael Hölzen vom Boot geschickt.“ Der Grund, den der Reporter seinem Sender mitteilte: Er habe zu kritisch berichtet und die Helfer wollten nicht mehr die ganze Zeit beobachtet werden.

Das klingt nach Zensur. Dabei setzte das Hilfsteam von Anfang an auf eine möglichst bereite Berichterstattung. Die „Sea Watch“ will mit ihren Helfern und Medizinern im Mittelmeer kreuzen, will nach Booten mit allein gelassenen Flüchtlingen suchen, will für sie professionelle Hilfe anfordern und notfalls Erste Hilfe leisten. Die Berichterstattung sollte Teil des Projekts sein, um die Öffentlichkeit und die Politik vom Ernst der Lage vor Ort zu überzeugen – und eine Änderung der Flüchtlingspolitik zu erreichen.

Damit waren die beiden Reporter, die mit an Bord gingen, durchaus auch Werkzeuge im Sinne der Helfer. Ein wenig ist es wie jene Journalisten, die sich drauf einlassen, mit der Truppe in den Krieg zu ziehen. Sie sind zwar ganz nahe dran, aber ihnen kann auch schnell die kritische Distanz zur Sache und den Akteuren verloren gehen.

Im Falle „Sea Watch“ ist die eigentliche Hilfe noch gar nicht angelaufen, noch wurde kein Flüchtling gesichtet, geschweige denn gerettet. Noch laufen die Vorbereitungen der Crew im italienischen Lampedusa. Zwei Wochen lang wollte der Reporter berichten, doch schon nach drei Tagen war Schluss – nach dem Bericht über die erste Testfahrt.

Nicht unbedingt professionell

Wer sich die Berichte im Netz anhört, kommt zu dem Schluss: Der Reporter, der als erfahrener Seemann gilt, hat anfangs sehr wohlwollend berichtet, hat einfach die Leute sprechen lassen. Doch nach der Testfahrt wurde er auch kritisch. Der Tenor: Die Idee ist wunderbar, die Truppe motiviert, aber nicht unbedingt professionell. Denn die meisten Helfer hätten bislang „mit Seefahrt einfach nichts am Hut“ und der Kutter schwanke schon bei leichtem Wellengang mächtig – „das ist nur etwas für ganz harte Jungs“. Das Schiff sei bei viel Wind „unbrauchbar.“

Als die Crew aus der Heimat erfuhr, was der Reporter berichtet, wurde nach einer Krisensitzung der Schlussstrich gezogen. „Brandenburg Aktuell“-Chef Oliver Jarasch sagte zum Rauswurf: „Damit war nicht zu rechnen. Wir dachten, allen Beteiligten ist klar, was unabhängige Berichterstattung bedeutet.“

Im Grunde geht es um die entscheidende Frage dieser Art von Berichterstattung: Wer entscheidet, was gesendet werden darf?

In der Stellungnahme der „Sea Watch“-Crew wird nun wiederum dem Reporter vorgeworfen, unprofessionell zu sein. „Die journalistische Begleitung unseres Vorhabens – selbstverständlich auch kritische Berichterstattung – sind Teil unseres Konzeptes“, heißt es. Eine andere Reporterin sei auch noch an Bord.

Zum Bruch mit dem Reporter Hölzen sei es aus ihrer Sicht nicht wegen kritischer Berichterstattung gekommen, sondern wegen „journalistischer Ungenauigkeiten“. So soll Hölzen eine Kinderärztin als Notärztin bezeichnet haben.

Im Radio sagte am Freitagnachmittag der Berliner Arzt Lothar Müller, die Crew wollte keine Live-Berichterstattung mehr und wolle ein Mindestmaß an Privatsphäre auf dem sehr engen Boot. Die Leute müssten auch mal ein Witz machen können, ohne gleich befürchten zu müssen, dass der gesendet wird.