RBB: Wenn das Sparen zum Programm wird, wird das Programm spärlich
Angesichts der Rettungsdebatte um den Rundfunk Berlin-Brandenburg: Was müssen Intendant:innen künftig leisten? Unsere Kolumnistin hat drei Vorschläge.

Anfangs hagelte es Lob für Katrin Vernau, Übergangs-Intendantin des RBB. Als „exzellente Managerin“ sollte sie den RBB-Karren aus dem Schlesinger-Dreck ziehen. Letzte Woche stellte Vernau nun ihr Sparprogramm vor, doch das Lob blieb aus: 49 Millionen Euro, 100 Stellen, viele Sendungen und Angebote werden gestrichen – „unumgänglich“, sagen die einen, der RBB müsse sparen. „Das Verderben der Anstalt“, meinen die anderen. Strukturdebatten dürften nicht im Spardebakel enden, Vernau gefährde die Zukunft des RBB.
Die Frage ist: Welche Visionen müssten Intendant:innen haben, um der Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gerecht zu werden? Immerhin sind Intendant:innen die Schaltstellen der Anstalten. Sie wachen über deren Betrieb, Programm und Mitarbeiter:innen. Im Minenfeld der Politik geben sie Ziele vor. Eine Zukunftsaufgabe und Grund genug, nach Perspektiven der Intendant:innen des Jahres 2030 zu fragen. Warum nicht? Hier drei Ideen:
Erstens müssten Intendant:innen der Zukunft medienpolitische Ambitionen haben. Das heißt, sie sollten den gesetzlichen Rahmen aktiv mitgestalten (wollen). Ein Beispiel ist die Verweildauer von Filmen im Netz: Die Anstalten wollen Filme dauerhaft in ihre Mediatheken stellen, die Filmwirtschaft ist dagegen. „Digitale Zweitverwertung“ ist das Zauberwort - der Wirtschaft geht es ums Geschäft, den Anstalten um junge Zuschauer:innen. Wie kriegt man beides zusammen? Medienrechtliche Regeln! Intendant:innen der Zukunft müssten Schneisen ins Regelungsdickicht schlagen wollen.
Zweitens sollten sie programmatische Visionen haben. Also welche Prioritäten lohnen sich und welche sind Mittel- und Zeitverschwendung? Aktuell treiben zum Beispiel die Algorithmen privater Technologiekonzerne die digitalen Inhalte der Anstalten. Aber hätten die nicht die Ressourcen für eine eigene Plattform? Das hieße ein Angebot frei von den Interessen Dritter! Intendant:innen des Jahres 2030 sollten solche Standards setzen und nicht den Mega-Konzernen zuspielen. Auch das ist Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks!
Drittens kommt das Geld. Intendant:innen der Zukunft müssen mehr sein als Sparfüchse; denn wenn das Sparen zum Programm wird, wird das Programm spärlich. Eine Möglichkeit: Geld freisetzen durch Prioritäten-Verschiebung. Die „Tagesschau“ kostet 2000 Euro die Minute, ein Primetime-Krimi im Schnitt 20.000 Euro, also das Zehnfache. Warum nicht mehr hochwertige Informationen statt die immer gleichen Krimis? Frei nach dem Motto: Qualität vor Einheitsware? Intendant:innen der Zukunft bräuchten also Ideen, die Geldpolitik mit Programmfragen zu verbinden.
Die Vision 2030 könnte lauten: Ein qualitativ hochwertiger Rundfunk zum Anfassen durch mehr Regionalität in Inhalt und Struktur. Mitarbeiter:innen in Reformen einbeziehen, anstatt sie wegzustreichen. Den Dialog mit dem Publikum ausbauen, das heißt Themen aufnehmen, Probleme kommunizieren, Reaktionen spiegeln. Aktuell geht der Trend allerdings nach hinten los. Statt visionärer Flucht nach vorn treten die Anstalten den Rückzug ins Altvertraute an: mehr Technik, weniger Personal und ganz viel Synergieeffekt. Ein zukunftsfähiger Rundfunk mit Journalist:innen, die Gesicht zeigen, sieht anders aus. Für solche Alternativen braucht es Visionäre, denn es braucht den öffentlich-rechtlichen Rundfunk!