Rechtsfrage: Darf der Vater auf das Konto unseres Sohns zugreifen?
Der Berliner Rechtsanwalt Ehssan Khazaeli beantwortet Rechtsfragen aus dem Alltag. Heute: Ist es sinnvoll, in so einem Fall Strafanzeige zu stellen?

Stefanie, 33 Jahre, Plänterwald: „Der Vater meines Kindes und ich haben für unseren Sohn auf dessen Namen ein Aktiendepot eingerichtet. Auf dieses Konto haben wir beide gleichermaßen Zugriff. Kürzlich bemerkte ich, dass mein Ex-Mann eine nicht unerhebliche Summe von dem Konto unseres Kindes auf sein eigenes überwiesen hat. Wie soll ich hierauf reagieren?“
Liebe Stefanie, bei Konflikten zwischen Getrenntlebenden spielen oft Wut, Frust und gekränkter Stolz eine große Rolle. Bedauerlich wird es, wenn die Interessen des Kindes vernachlässigt werden. Im Sinne Ihres Sohnes stehen Ihnen verschiedene Wege offen.
Eine Möglichkeit wäre, zunächst mit dem Kindsvater in Kontakt zu treten und zu fragen, wofür das Geld verwendet wurde. Im Rahmen der Vermögensverwaltung Ihres Kindes haben Sie einen Auskunftsanspruch, den Sie notfalls auch gerichtlich durchsetzen können.
Als Eltern üben Sie die Vermögenssorge als Teil der elterlichen Sorge grundsätzlich gemeinsam aus. Im Rahmen des Paragrafen 1629 Abs. 1 S. 2 BGB gilt das sogenannte Gesamtvertretungsprinzip. Das bleibt auch so, wenn die Eltern getrennt leben oder geschieden sind. Bei getrennt lebenden Eltern regelt das Gesetz, dass der Elternteil, bei dem das Kind lebt, Dinge des alltäglichen Lebens eigenständig entscheiden kann. Etwas anderes gilt nach Paragraf 1687 Abs. 1 S. 1 BGB in sogenannten Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung.
Auch Zimmereinrichtung darf nicht gekauft werden
Bei Entscheidungen, die für das Kind von erheblicher Bedeutung sind, ist ein gegenseitiges Einvernehmen beider Elternteile erforderlich. Hierzu zählen zum Beispiel die Bestimmung über den Aufenthalt des Kindes, Entscheidungen über Schutzimpfungen oder das Veröffentlichen von Fotos im Internet. Das Verfügen über einen nicht unerheblichen Teil des Sparvermögens ihres Sohnes stellt auch eine Angelegenheit dar, über die Sie nur gemeinsam entscheiden dürfen. Folglich gebietet Ihnen das gemeinsame Sorgerecht einen Auskunftsanspruch gegenüber Ihrem Ex-Mann im Hinblick auf die unbefugte eigenmächtige Verfügung über das Sparvermögen ihres Kindes zu, da diesbezüglich ein gegenseitiges Einvernehmen erforderlich gewesen wäre.
Stellt sich heraus, dass das Geld für andere als der Vermögensvorsorge dienende Zwecke von dem Sparkonto entnommen wurde oder reagiert er gar nicht, steht Ihrem Sohn ein eigenständiger Schadenersatzanspruch aus Paragraf 1664 Abs. 1 BGB gegenüber seinem eigenen Vater zu. Die Vermögenssorge als Teil der elterlichen Sorge verpflichtet die Eltern vor allem dazu, das Kindsvermögen zu bewahren und nicht für eigene Zwecke zu verwenden. Es ist daher von einer Pflichtverletzung auszugehen, wenn ein Elternteil das Geld seines Kindes für persönliche Zwecke missbraucht.
Vielleicht ist es auch interessant, zu wissen, dass Eltern das Sparvermögen ihrer Kinder auch nicht für den Kauf von Kinderzimmereinrichtung, Geschenken oder für die Finanzierung von Urlaub verwenden dürfen. Nach ständiger Rechtsprechung sind das alles Leistungen im Rahmen der elterlichen Unterhaltspflicht, welche von den eigenen Haushaltsmitteln der Eltern zu bestreiten sind.
Aus strafrechtlicher Sicht dürfte sich Ihr Ex-Mann wohl der Untreue nach Paragraf 266 StGB zum Nachteil eures Sohnes strafbar gemacht haben. Nach Paragraf 266 Abs. 1 StGB wird dies mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer eine ihm durch Gesetz […] eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht oder die ihm kraft Gesetzes obliegende Pflicht […] fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, einen Nachteil zufügt. Durch die Überweisung des Sparbetrages hat Ihr Ex-Mann, die ihm aufgrund der elterlichen Sorge zustehende Befugnis, über das Vermögen eures Kindes zu verfügen, missbraucht und dadurch die gegenüber eurem Sohn bestehende Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er das Geld allem Anschein nach für eigene Zwecke verbraucht hat, anstatt es zinstragend und ordnungsgemäß anzulegen und zu verwahren.
Daher wäre als letzte Möglichkeit, eine Strafanzeige in Erwägung zu ziehen. Eine solche würde ich vermutlich davon abhängig machen, wie beratungsresistent oder beeindruckt der Kindsvater von den bisher ergriffenen Maßnahmen ist. Offen ist natürlich, wie sich eine solche auf Ihr weiteres Verhältnis und vor allem Ihre Kommunikation auswirkt.