Meine Nachbarn protokollieren mein Sexleben – was soll ich tun?
Die schönste Nebensache der Welt hat die Gerichte schon oft beschäftigt. Nächtliches Stöhnen, das anderen den Schlaf raubt, kann zu Streit mit den Nachbarn führen. Unsere Juristin gibt Rat.

Tobias Z., 45: Vor etwa einem Monat ist meine neue Freundin zu mir in die Wohnung gezogen. Wir sind sehr verliebt und haben großartigen Sex, oft mehrmals täglich. Vor einer Woche habe ich einen Brief im Briefkasten gefunden, unterschrieben von den Nachbarn über und unter mir. Sie beschweren sich über unsere Sexgeräusche. Vor allem während der Arbeitszeit sollen wir diese künftig unterlassen, denn dies störe beim Arbeiten im Homeoffice. Sie drohten damit, sich an den Vermieter zu wenden und schrieben, dass sie ein „Lärmprotokoll“ führen. Mir ist das sehr unangenehm, ich habe gar keine Lust mehr, mit meiner Freundin zu schlafen, wenn ich dabei „belauscht“ und protokolliert werde. In meinen eigenen vier Wänden kann ich doch machen, was ich will! Es kann doch nicht sein, dass ich zum Geschlechtsverkehr in ein Hotel gehen muss! Und außerdem höre ich oft, vor allem aber spät in der Nacht, die Nachbarn über mir trampeln oder gar staubsaugen – und ich war demgegenüber stets tolerant, obwohl ich immer früh ins Bett gehen und aufstehen muss. Was soll ich nun tun?
Lieber Herr Z., ja, die schönste Nebensache der Welt hat die Gerichte schon oft beschäftigt. Denn was des einen Freud, ist des anderen Leid. Grundsätzlich haben Sie schon recht: In Ihren eigenen vier Wänden dürfen Sie alles tun – aber es muss dem „normalen Mietgebrauch“ entsprechen und darf nicht dazu führen, dass der Mietgebrauch Ihrer Nachbarn beeinträchtigt wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des einen findet seine Einschränkung in den Rechten der anderen.
Sex an sich gehört natürlich zum normalen Mietgebrauch – Sie müssen dazu nicht in ein Hotel gehen. Bei den damit verbundenen Geräuschen ist jedoch zu differenzieren: zum einen danach, wann diese auftreten, und zum anderen danach, wie laut oder häufig sie sind.
Beim Sex muss man sich an die Ruhezeiten halten
Beginnen wir mit den Ruhezeiten. Diese sind oft im Mietvertrag vereinbart sowie in den Immissionsschutznormen niedergelegt. Im Allgemeinen sollte man eine Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr, sowie von 20 Uhr bis 7 Uhr eine Ruhezeit einhalten. In diesen Zeiten sollten Sie Arbeiten mit lauten Geräten wie Bohren oder Hämmern unterlassen. Zusätzlich ist zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens die noch strengere Nachtruhe zu beachten und der Geräuschpegel auf Zimmerlautstärke zu reduzieren. Dies bedeutet, dass Geräusche außerhalb der verschlossenen Wohnung grundsätzlich nicht wahrnehmbar sein dürfen. Wenn Ihre Nachbarn Sie nachts beim Sex hören können, ist das also kein normaler Mietgebrauch. Und wenn Sie nach 22 Uhr andere staubsaugen oder trampeln hören, könnten Sie sich darüber durchaus beschweren.
Ihre Nachbarn scheinen sich aber vor allem während der Arbeitszeit gestört zu fühlen. Das ist nachvollziehbar, vor allem angesichts der zunehmenden Verbreitung von Homeoffice; dennoch muss tagsüber eine höhere Toleranz gelten. Allerdings können regelmäßige überlaute oder häufige Geräusche bei Tage ebenfalls erhebliche Störungen darstellen. Unsere deutschen Gerichte sind davon überzeugt: Erwachsene Menschen sollten in der Lage sein, ihr Handeln „auch bei der Ausübung ihres Sexualverkehrs zumindest insoweit zu steuern, dass sie keinen Lärm verursachen, der so laut ist, dass er in die Nachbarwohnungen dringt“. Ständiges lautes „Stöhnen beim Sexualverkehr und dabei laut ausgestoßene Yippie-Rufe“ wurden auch tagsüber als unzumutbare Belästigung angesehen.
Was tun? Nichts. Ignorieren Sie den Brief und versuchen Sie, künftig etwas leiser zu sein. Ihre Nachbarn werden sich dann vermutlich wieder beruhigen – kein vernünftiger Mensch wird ohne Not Zeit, Geld und Nerven in eine rechtliche Auseinandersetzung mit Nachbarn oder Vermieter investieren. Im Fall der Fälle riskieren Sie jedoch eine Abmahnung vom Vermieter oder sogar ein Bußgeld wegen unzulässigen Lärms (Paragraf 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes).