Regeln für Beschneidung: Juden fühlen sich von Heilmann brüskiert
Berlin - Das hätte sich Thomas Heilmann wohl so nicht träumen lassen. Da versucht der für seine oft unkonventionellen Ideen bekannte Justizsenator von der CDU eine Rechtsunsicherheit zu beseitigen – und erntet vielfachen Widerspruch. Am Mittwoch hatte er eine „Berliner Rechtspraxis“ vorgestellt, die er zusammen mit dem Generalstaatsanwalt entworfen hat. Demnach wird die Beschneidung von Jungen nicht strafrechtlich verfolgt, wenn die Eltern ihre religiöse Motivation und die Notwendigkeit des Eingriffs nachweisen. Den Eingriff darf nur ein approbierter Arzt und nicht etwa ein ritueller Beschneider, im jüdischen der Mohel, vornehmen.
"Im Ergebnis antisemitisch"
Die Repräsentantenversammlung der Jüdischen Gemeinde zeigte sich bestürzt. „Das ist eine flagrante Einmischung in die über 3000 Jahre alten Traditionen des Judentums.“ Micha Guttman, Mitglied der Repräsentantenversammlung sagte: „Wir sind mit der Regelung nicht glücklich.“ Vor allem gäbe es keinen Grund, dem Mohel abzusprechen, dass er Beschneidungen fachgerecht ausführen könnte.
Der Gemeinde-Vorsitzende Gideon Joffe ging in der Wortwahl weiter. Er bezeichnete die Regelung als „nicht in der Absicht, aber im Ergebnis antisemitisch“. Auf Beschneidungen spezialisierte Ärzte würden nur dann von allen Juden akzeptiert, wenn sie jüdisch seien und koscher lebten.
Umsetzung der Berliner Praxis
Kritik übte auch der Türkische Bund. „Die Nachweispflicht einer religiösen Notwendigkeit durch Bestätigung einer Religionsgemeinschaft lehnen wir ausdrücklich ab. Eine Einwilligungserklärung müsse hier ausreichen“, sagte die Vorstandssprecherin Ayse Demir.
Gerhard Nerlich, Sprecher des Jüdischen Krankenhauses in Wedding, möchte sich über die Glaubenszugehörigkeit und Lebensweise seiner Mitarbeiter nicht äußern. Derzeit arbeite man an der praktischen Umsetzung der „Berliner Rechtspraxis“. „Wir lassen uns in Zukunft mit der schriftlichen Einverständniserklärung der Eltern auch die Religionszugehörigkeit nennen“, sagte Nerlich. Nur so sei sichergestellt, dass es sich um einen religiös motivierten Eingriff handele. Und nur dann sei der Arzt sicher vor strafrechtlicher Verfolgung.
Heilmann bedauert
Und Heilmann selbst? „Wir bedauern, dass unsere Initiative so aufgegriffen wird“, lässt er sich zitieren. Die Rechtslage habe sich für alle Beteiligten – gerade auch für die Jüdische Gemeinde – verbessert. Der Passus mit der religiösen Motivation und Notwendigkeit sei als Abgrenzung zu ästhetischen Eingriffen gedacht. Die seien weiterhin nicht geschützt vor Strafverfolgung.