Rias-Sendemast in Berlin gesprengt: Ein Knall, ein Fall - das Ende einer Radio-Legende
Wer seine Jugend irgendwo tief im Osten der Republik verbracht hat, kann sich bestimmt an die erste wichtige Begegnung mit dem Rias erinnern – jenem Radiosender, der die Musik spielte, die sonst kaum zu hören war. Bei uns in der Kleinstadt, nicht weit vom Brocken entfernt, geschah es 1979. Die Mädels hörten alle Abba oder Smokie, wir Jungs waren 13 und liebten AC/DC. Und der Rias wollte in der Sendung „Treffpunkt“ eine uns völlig unbekannte Platte dieser Hardrockband spielen.
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Offiziell durften wir kein Westradio hören, aber das war uns egal. Wir hatten andere Sorgen: Werden wir den Rias gut genug empfangen können? Wir mussten das Radio in einer bestimmten Stellung halten, dann klappte es halbwegs. Die Aufnahme war in mono und verrauscht, aber mindestens 20 Leute kamen, um sich AC/DC zu überspielen.
Legendär und gefürchtet
Ähnliche Erinnerungen sind es, die Eberhard Köppe am Sonnabend bereits um 13 Uhr zu einer Kleingartenanlage in Britz treiben. Für 14 Uhr ist die Sprengung des berühmten Rias-Sendemasten angesetzt, der einstmals leistungssÄhnliche Erinnerungen sind es, die Eberhard Köppe am Sonnabend bereits um 13 Uhr zu einer Kleingartenanlage in Britz treiben. Für 14 Uhr ist die Sprengung des berühmten Rias-Sendemasten angesetzt, der einstmals leistungsstärksten Anlage in ganz Europa.
Köppe sucht eine Stelle mit bester Sicht auf das Spektakel und baut seine Kamera auf. „Ich komme aus der Zone, aus dem Osten“, sagt der 63-Jährige, der aus dem Südbrandenburger Senftenberg stammt. „Ich war Rias-Fan seit Ende der 60er Jahre. Du kannst dir nicht vorstellen, was wir für abenteuerliche Antennen gebaut haben, um Rias zu empfangen.“
Dann zählt er die Bands auf, die der Rias ihm nahegebracht hat: vor allem Rolling Stones und CCR, aber auch die Beatles. Dann seine Lieblingssendungen: „Kutte kennt sich aus“, „Schlager der Woche“, „Es geschah in Berlin“. Seine Augen glänzen. „So was gibt’s heute nicht mehr, nur noch überall der gleiche Dudelfunk.“ Ihn habe auch die politische Berichterstattung des Rias mehr interessiert, als die Propaganda in der Schule der DDR. „Die Sicht des Rias schien wahrheitsgemäßer zu sein.“
Der Rias war legendär und gefürchtet. Der Sender brachte all jene Musik bis tief in den Osten, die die DDR-Führung nicht nur für dekadent hielt, sondern als bewusstes Kampfmittel des Klassenfeindes im Westen, um die sozialistische Jugend der DDR auf Abwege zu bringen. Der Rias – also der Rundfunk im amerikanischen Sektor – sendete von 1946 bis 1993 und verstand sich als freie Stimme der freien Welt und sendete natürlich auch politische Sendung mit einer klaren Kampfansage an den Osten. Deshalb baute der Osten etliche Störsender auf.
Als Reaktion baute dann der Westen diesen 160 Meter hohen und 55 Tonnen schweren Sendemasten in Britz – den konnten die Störsender nicht überbieten.
„Unser Gelände wurde damals rund um die Uhr von bewaffneten Polizisten bewacht“, erzählt Bodo Plogas, einstmals stellvertretender Stationsleiter in Britz. „Aber der Osten hat nie versucht, hier vor Ort etwas mit Übergriffen oder Sabotage zu erreichen.“ Es wurde nur mit den Störsendern gestört. Der 62-Jährige erzählt, dass der Osten sogar Westgeld kassierte, damit der Rias seine „klassenfeindlichen Sendungen“ in die DDR senden konnte. Das kam so: Der Sendemast in Britz reichte nicht aus, um die gesamte DDR zu versorgen, also wurde im bayerischen Hof noch ein zweiter Sender aufgestellt. Das Programm wurde per Erdkabel übertragen. „Und das hat sich der Osten ordentlich bezahlen lassen“, sagt Plogas.
Dann geht es los. Das Ende dieses Relikts des Kalten Krieges naht. Der Mast sendet seit 2013 nicht mehr und soll weg, weil er nicht mehr gebraucht wird. Heute ist Digitalfunk auch im Rundfunk angesagt. Mittelwelle ist von vorgestern. Die ARD schaltet in diesem Jahr ihre letzten Mittelwellensender ab. tärksten Anlage in ganz Europa. Köppe sucht eine Stelle mit bester Sicht auf das Spektakel und baut seine Kamera auf. „Ich komme aus der Zone, aus dem Osten“, sagt der 63-Jährige, der aus dem Südbrandenburger Senftenberg stammt. „Ich war Rias-Fan seit Ende der 60er Jahre. Du kannst dir nicht vorstellen, was wir für abenteuerliche Antennen gebaut haben, um Rias zu empfangen.“
Dann zählt er die Bands auf, die der Rias ihm nahegebracht hat: vor allem Rolling Stones und CCR, aber auch die Beatles. Dann seine Lieblingssendungen: „Kutte kennt sich aus“, „Schlager der Woche“, „Es geschah in Berlin“. Seine Augen glänzen. „So was gibt’s heute nicht mehr, nur noch überall der gleiche Dudelfunk.“ Ihn habe auch die politische Berichterstattung des Rias mehr interessiert, als die Propaganda in der Schule der DDR. „Die Sicht des Rias schien wahrheitsgemäßer zu sein.“
Der Rias war legendär und gefürchtet. Der Sender brachte all jene Musik bis tief in den Osten, die die DDR-Führung nicht nur für dekadent hielt, sondern als bewusstes Kampfmittel des Klassenfeindes im Westen, um die sozialistische Jugend der DDR auf Abwege zu bringen. Der Rias – also der Rundfunk im amerikanischen Sektor – sendete von 1946 bis 1993 und verstand sich als freie Stimme der freien Welt und sendete natürlich auch politische Sendung mit einer klaren Kampfansage an den Osten. Deshalb baute der Osten etliche Störsender auf. Als Reaktion baute dann der Westen diesen 160 Meter hohen und 55 Tonnen schweren Sendemasten in Britz – den konnten die Störsender nicht überbieten.
„Unser Gelände wurde damals rund um die Uhr von bewaffneten Polizisten bewacht“, erzählt Bodo Plogas, einstmals stellvertretender Stationsleiter in Britz. „Aber der Osten hat nie versucht, hier vor Ort etwas mit Übergriffen oder Sabotage zu erreichen.“ Es wurde nur mit den Störsendern gestört. Der 62-Jährige erzählt, dass der Osten sogar Westgeld kassierte, damit der Rias seine „klassenfeindlichen Sendungen“ in die DDR senden konnte. Das kam so: Der Sendemast in Britz reichte nicht aus, um die gesamte DDR zu versorgen, also wurde im bayerischen Hof noch ein zweiter Sender aufgestellt. Das Programm wurde per Erdkabel übertragen. „Und das hat sich der Osten ordentlich bezahlen lassen“, sagt Plogas.
Dann geht es los. Das Ende dieses Relikts des Kalten Krieges naht. Der Mast sendet seit 2013 nicht mehr und soll weg, weil er nicht mehr gebraucht wird. Heute hören die Leute nur UKW oder Digitalfunk. Mittelwelle ist von vorgestern. Die ARD schaltet in diesem Jahr ihre letzten Mittelwellensender ab.
Ende einer Ära
Einige Kamerateams und Fotografen haben sich auf dem Dach einer Gartenlaube versammelt. Der hohe Mast wird von Stahlseilen gehalten, die in drei Richtungen – jeweils vier Stück übereinander – im Boden verankert sind. Der Turm wird nicht als Ganzes gesprengt. „Es werden einfach nur die vier Seile einer Richtung gesprengt“, sagt Reinhardt Deuscher vom Deutschlandradio. Da der Turm nur deshalb stehen bleibt, weil von mehreren Seiten die Seile mit sehr hoher Spannung ziehen, fällt der Turm auch schnell um, wenn auf einer Seite der Halt fehlt. „Da wirken etliche Tonnen Zugkraft“, sagt er.
Der 250 Meter große Sperrkreis ist geräumt. Kurz vor 14 Uhr rufen die Sicherheitsleute, dass es gleich losgeht. Mehrmals ist eine Fanfare zu hören, dann ein heftiger Knall. Der Turm steht noch kurz still, dann neigt er sich, knickt ein und schlägt nach zwölf Sekunden auf dem Boden auf. „Das Ende eine Ära“, sagt Detlef Redlin, dem die Laube gehört, auf der die Kameraleute stehen. „Das war auch mein Sender“, sagt der 67-Jährige. „Den habe ich immer gehört. Jetzt höre ich jeden Tag etwas anderes.“
Er erzählt, dass der Turm auch früher immer mal gut war für ein Spektakel. „Das sah schon toll aus, wenn da bei Gewitter die Blitze einschlugen.“ Dann dreht sich Redlin um und sagt: „Nun ist es vorbei. Ein Stück Berlin ist verschwunden.