Rocket Internet: Samwer-Bruder kauft Uferhallen in Wedding

Das Künstlerareal Uferhallen in Wedding ist bei einem Millionendeal verkauft worden. Eine Investorengruppe aus mehreren Privatpersonen hat das denkmalgeschützte Gelände mit allen Hallen und Häusern erworben.

Zu ihnen gehört auch einer der drei Samwer-Brüder, die mit Rocket Internet ein Internet-Imperium aufgebaut haben. Der Marktwert der denkmalgeschützten früheren BVG-Reparaturhallen an der Panke soll nach Informationen der Berliner Zeitung bei 30 Millionen Euro liegen, der Kaufpreis dem Vernehmen nach etwa 27 Millionen Euro betragen.
Die neuen Eigentümer wollten die Kaufsumme am Mittwoch nicht bestätigen. Es sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte Daniel Bormann, Chef der Berliner Firma Realace, der Berliner Zeitung. Architekten und Projektentwickler dieser Firma betreuen das Immobilienprojekt im Auftrag der neuen Eigentümer.

Für Wedding „eine Katastrophe“

In den Uferhallen haben seit etwa zehn Jahren rund 50 Künstler Ateliers zu günstigen Konditionen gemietet. Sie fürchten nun angesichts des hohen Kaufpreises um ihre Arbeitsräume. „Diese Sorge ist berechtigt“, sagt Bernhard Kotowski, Geschäftsführer des Berufsverbandes Bildender Künstler (BBK) Berlin. „Es ist nahezu ausgeschlossen, dass die Künstler zu den bisherigen Konditionen dauerhaft auf dem Gelände bleiben können.“ Kotowski findet, auch für die künftige Entwicklung des Ortsteils Wedding sei dieser Kauf „eine Katastrophe“ . Der Kauf gehe nicht ohne Gentrifizierungseffekte vonstatten. „Leider gibt es keine rechtlichen Möglichkeiten gegen diese Gier und gegen diesen Immobilienkapitalismus.“

Vor etwa zehn Jahren hatte das Land Berlin die früheren Reparaturwerkstätten für Busse und Bahnen der Verkehrsbetriebe an die Aktionäre einer eigens gegründeten Uferhallen Aktiengesellschaft verkauft – für sechs Millionen Euro. Künstler gestalteten die Aktienblätter mit ihren Motiven. Schnell wurde das Künstlerdomizil in den Hallen am Ufer der Panke stadtweit bekannt für seine Veranstaltungen und Ausstellungen. Film- und Tanzstudios eröffneten, ebenso das Café Pförtner, und im Pianosalon Christophori spielten weltbekannte Virtuosen im kleinen Kreis von Zuschauern.

Als die Eigentümer vor zwei Jahren eine Halle an den Sportartikelhersteller Adidas vermietet haben, kritisierten die Künstler eine zunehmende Kommerzialisierung der Uferhallen. Vorstand Wolfgang Weber beschwichtigte damals, den Uferhallen gehe es nicht darum, Gewinn zu machen.

Als im Frühjahr 2017 bekannt wurde, dass die Großaktionäre die Uferhallen meistbietend verkaufen werden, mischte sich der Berliner Senat ein, um den Kulturstandort zu retten und das Gelände zu kaufen. Allerdings nur zum Verkehrswert von bis zu zwölf Millionen Euro, nicht zum Marktwert von bis zu 30 Millionen Euro. 

Auch die Edith-Maryon-Stiftung, orientiert auf soziale Wohn- und Arbeitsstätten, wollte das Gelände erwerben und die Arbeitsräume erhalten. Das lehnten die kunstaffinen Großaktionäre der Uferhallen ab. Bereits im Juli standen zwei Bieter fest, mit denen sie verhandelten.

Es geht um eine „behutsame Weiterentwicklung ohne Eile“

Nun ist der Millionendeal vollzogen. Daniel Bormann sagt, die neuen Eigentümer hätten keine Pläne, das Konzept zu verändern. Es gehe um eine „behutsame Weiterentwicklung ohne Eile“ und „langfristige Investitionen“. Kunst und Kultur seien wichtige Bestandteile, es werde keine radikalen Veränderungen geben, so Bormann.

Die Künstler sind skeptisch. „Berlin sichert bis heute in beispielhafter Weise Atelierräume. Aber mit der aktuellen Größenordnung und Geschwindigkeit des Ausverkaufs von Gewerbeflächen kann sie es nicht aufnehmen. Die Stadt verliert“, schreiben sie nach dem Verkauf der Uferhallen.