Rot-Rot-Grün in Berlin streitet über neues Polizeigesetz: Wutausbrüche in Senatssitzung

Ein handfester Streit in der Regierungskoalition. Wieder einmal. Diesmal geht es um das neue Polizeigesetz, das offiziell „Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin“ (ASOG) heißt. So sperrig der Titel, so sperrig laufen auch die Verhandlungen. Seit Wochen schon. 

„Ich bin genervt“, sagte Niklas Schrader der Berliner Zeitung, seit Februar neuer innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Mit dem Amt hat er auch die Aufgabe übernommen, mit den Grünen und der SPD an einer Einigung zu feilen. Alles andere als einfach, denn politisch wird massiv um dieses neue Gesetz gerungen.

Erst am Dienstag soll es in der Senatssitzung zu Wutausbrüchen gekommen sein. Der Vorwurf: Die SPD wollte zwei Vorlagen (eine zum Schwarzfahren, eine zum Antisemitismuskonzept) schieben, um Druck auf die Linken auszuüben, die sich in der Diskussion um das Polizeigesetz gegen zahlreiche Vorschläge der SPD sperrt. So zumindest argumentierten einige Grüne. Der Linke-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg sprach auf Twitter sogar von Blockade und Erpressung. Sein Parteifreund Schrader erklärte, die SPD nehme andere Themen „in Geiselhaft“, um eine bessere Verhandlungsposition zu erreichen.

SPD will elektronische Fußfessel für Gefährder

„Wir machen hier keine Spielchen“, konterte der innenpolitische Sprecher der SPD, Frank Zimmermann. „Dafür ist das Polizeigesetz zu wichtig.“ Rechtsänderungen seien nötig – und die wolle man vereinbaren. Doch an dieser Vereinbarung arbeiten die drei Parteien nun schon seit Langem. Bisher ohne Erfolg.

Seit Ende Februar liegt ein Entwurf der SPD auf dem Tisch, der vier Gesetzesneuerungen verquickt: die Verschärfung des Asog, das Gesetz für einen neuen Polizeibeauftragten, das Versammlungs- und das Abstimmungsgesetz. Für die Linken ist schon diese Bündelung ein Problem. „Die vier Dinge haben nichts miteinander zu tun“, sagt Schrader.

150 Seiten hat der Entwurf der SPD, er trägt den Titel „Starkes Gemeinwesen-Gesetz“. Die strittigsten Passagen finden sich im Polizeigesetz. Die SPD will zum Beispiel den finalen Rettungsschuss einführen, die elektronische Fußfessel für Gefährder, die Stille SMS, mit der Verdächtige heimlich geortet werden können, und die Telefonüberwachung. Aus Sicht der Linken sind das populistische Forderungen, die in den Medien zwar gut angekommen mögen, aber am Ende die Bürgerrechte aushöhlen.

Berliner Linke und SPD wähnen Grüne auf ihrer Seite

Die SPD sagt, die Veränderungen seien dringend nötig. Auch, weil Berlin 2016 einen schweren Terroranschlag erlebt habe. „Man darf Entwicklungen nicht ignorieren“, sagt Sozialdemokrat Zimmermann. Unklar ist die Position der Grünen. Linke wie SPD wähnen die Ökopartei auf ihrer Seite. Man wolle für Freiheitsrechte, Opferschutz und Verkehrssicherheit eintreten und werde dazu eigene Vorschläge machen, sagt der innenpolitische Grünen-Sprecher Benedikt Lux . „Wir sind auf einem guten Weg.“

Mit dieser Einschätzung steht Lux allerdings alleine da. Selbst, wenn die strittigsten Punkte komplett aus dem SPD-Entwurf gestrichen würden, sieht die Linke noch Diskussionsbedarf. „Wir können einen Kompromiss schaffen“, sagt Zimmermann. Wie der aussehen könnte – und wann er kommt? Die Prognose will auch Zimmermann nicht wagen.