Rot-Rot-Grün Koalitionsvertrag: Pläne für den Verkehr in Berlin
Berlin - Die Koalition lässt keinen Zweifel daran. „Mobilitätswende einleiten und Umweltverbund stärken“, das ist ihr verkehrspolitischer Kurs. Das heißt: Vorrang für den Nahverkehr, für Fußgänger und für Radfahrer. Diese Ansage ist in Berlin nicht grundsätzlich neu. Doch diesmal wirkt sie ambitionierter, und gibt es viel mehr Einzelprojekte.
Kein Herz für Autofahrer: Sicher, die A 100 wird bis Treptow verlängert. Die Tangentialverbindung Ost Marzahn–Köpenick wird ebenfalls wie geplant vierspurig projektiert. Doch die Parkraumbewirtschaftung soll bis 2021 ausgeweitet werden – „mit dem Ziel einer Flächendeckung innerhalb des S-Bahn-Rings“, so der Vertrag. Es soll auch mehr Tempo-30-Bereiche geben. Geplant ist zudem eine „Umverteilung des Straßenraums“ – zulasten der Autos.
Unter den Linden autofrei: Ein Symbolprojekt in Mitte soll zeigen, dass es Rot-Rot-Grün ernst meint mit der Verkehrswende. O-Ton: „Das Umfeld des Humboldt-Forums wird verkehrsberuhigt und der Straßenraum bis zum Brandenburger Tor fußgängerfreundlich umgestaltet. Dabei wird der motorisierte Individualverkehr unterbunden.“ Matthias Dittmer, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Mobilität der Grünen, geht das nicht weit genug. „Es müssen mehr Straßen autofrei werden“ – zum Beispiel Teile der Friedrichstraße.
Neue Abgabe: Zur Finanzierung des Nahverkehrs gibt die Koalition eine Machbarkeitsstudie in Auftrag, die 2019 vorgelegt werden soll. Darin soll untersucht werden, ob eine „Nahverkehrsabgabe/Infrastrukturabgabe“ eingeführt werden könnte. In Frankreich gibt es so etwas schon: Dort müssen Unternehmen mit mehr als neun Beschäftigten zwischen 0,55 und 1,75 Prozent der Lohnsumme zur Förderung des Nahverkehrs entrichten. Auch eine „Umlagefinanzierung“ soll geprüft werden. Ideen für ein Bürgerticket für alle Berliner, das auch von Autofahrern mitfinanziert wird, gibt es schon.
Mehr investieren, billiger fahren: In den vergangenen Jahren wurde das Straßenbahnnetz nur um wenige Kilometer erweitert, nun soll das zügiger gehen. Fünf Streckenprojekte sollen bis 2021 in Angriff genommen werden, etwa Hermannplatz– Warschauer Straße und Alexanderplatz–Steglitz. Die Ausgaben pro Jahr steigen ab 2019 auf 60 Millionen Euro. Die für Januar 2017 beschlossene Erhöhung kommt wie geplant, danach werden die Fahrpreise erst mal eingefroren. Eine Arbeitsgruppe soll die künftige Tarifgestaltung festlegen. Ziel: mehr Vergünstigungen und Sonderangebote.
Neue S-Bahn-Organisation: Heute werden alle S-Bahnen von der Deutschen Bahn betrieben. Doch die Koalition will die Abhängigkeit verringern, um mehr Einfluss auf die Qualität des Verkehrs zu erreichen und die Kosten zu senken. Für S-Bahn-Ausschreibungen ab 2028 lässt sie neue Organisationsmodelle prüfen – etwa die Schaffung eines landeseigenen Fahrzeugpools. Untersucht werden soll auch, ob sich das Land an der S-Bahn gesellschaftsrechtlich beteiligen könnte.
Mehr Personal: Um neue Radwege und Straßenbahnen planen zu können, will die Koalition das Personal in der Verwaltung aufstocken. Nur wenn dies gelingt, können die Projektlisten wenigstens zum Teil umgesetzt werden. Bleiben die Behörden ausgepowert wie sie sind, wird der Koalitionsvertrag zu Makulatur.