S-Bahn: Ein Fahrradabteil in jedem Wagen
Berlin - Radfahren liegt im Trend. Darauf will die S-Bahn reagieren. In den neuen Zügen, die zurzeit geplant werden, soll es in jedem Wagen ein Abteil geben, in dem Fahrräder abgestellt werden können. So steht es nach Informationen der Berliner Zeitung im Entwurf des "Lastenhefts", das erste Anforderungen an die nächste Fahrzeuggeneration definiert. Für Reisende, die für ihr Fahrrad einen Platz in der S-Bahn suchen, werden die Wege beim Einsteigen dadurch kürzer. In den heutigen Zügen gibt es nur in jedem zweiten Wagen ein solches Mehrzweckabteil. Die neuen Bahnen werden zudem mehr Platz für Rollstuhlfahrer haben. Die Züge sollen außerdem eine Klimaanlage bekommen und Videokameras, deren Aufnahmen aufgezeichnet werden.
Wie es mit der S-Bahn weiter geht, ist allerdings immer noch unklar. Die neue Koalition muss sich erst finden, mit abschließenden Senatsentscheidungen ist auf Monate hinaus nicht zu rechnen. Doch das Bahnunternehmen will nicht warten. Denn als eine Option steht weiterhin im Raum, dass der Senat den Betrieb auf dem Ring und im Südosten zu Ende 2017 neu vergibt. Dafür will die S-Bahn gerüstet sein. Fast 350 neue Wagen werden benötigt. Wie sie aussehen sollen, steht in dem "Lastenheft".
Farblich sollen sich die neuen Züge nicht von den heutigen unterscheiden - die Planer wissen, dass jede Änderung Proteste von S-Bahn-Fans heraufbeschwört. Die neue Fahrzeuggeneration wird außen rot und ockergelb lackiert.
Blaue Polster, helle Haltestangen
Im Inneren könnte es dagegen viel Neues geben. So sollen die Sitzpolster blau sein - wie es in anderen Zügen des S-Bahn-Eigentümers DB Regio üblich ist. Haltestangen werden hell lackiert, damit sie von Sehbehinderten gut erkannt werden. Im Gespräch sind Gelb oder Orange.
Ebenfalls neu ist, dass für Rollstuhlfahrer besondere Plätze eingerichtet werden - mit Notruftasten und einem Fußboden, der für schwere Elektrorollstühle stabil genug ist. Darüber hinaus finden "Rollis" weiterhin in den Mehrzweckabteilen Platz, die künftig auf alle Wagen verteilt werden. Dort dürfen wie bisher auch Kinderwagen und Fahrräder abgestellt werden.
Nach der jetzigen Planung soll der Raum, der insgesamt pro Zug für Radfahrer zur Verfügung steht, nicht größer sein als heute. Doch vollkommen ausgeschlossen ist es nicht, dass der Platz noch vergrößert wird - zumindest während der warmen Jahreszeit, wenn viele Fahrgäste ihr Rad mitbringen. Denn die S-Bahn prüft, ob es möglich ist, die Sitze wie in Regionalzügen so zu befestigen, dass sie je nach Bedarf herausgenommen werden können.
Auch bei der neuen S-Bahn sollen wie bisher je zwei Wagen "Viertelzüge" bilden. Jede Einheit soll aber nicht nur an einem Ende, sondern an beiden Enden einen Führerstand haben. Dadurch können sie anders als heute ohne größere Vorkehrungen auch rückwärts bewegt werden, was flexible Einsätze erleichtert. Um die Zuglängen dem Fahrgastaufkommen leichter anpassen zu können, soll es zudem einfacher möglich sein, Wagen voneinander zu trennen. Ein Beispiel: Mit acht Wagen geht es über Ostkreuz zum Westkreuz - von dort aus fahren vier Wagen nach Spandau und vier Wagen nach Potsdam weiter. "Flügeln" heißt das in der Eisenbahner-Sprache.
Die Zeit rennt davon
Eine Klimatisierung soll im Sommer dafür sorgen, dass die Innentemperatur drei Grad Celsius unter der Außentemperatur liegt. Aber auch an harte Winter haben die Planer gedacht: Die Gitterkästen unter den Zügen, in denen sich heute Teile der Elektrik befinden und in die leicht Schnee eindringt, soll es in Zukunft nicht mehr geben.
"Wir finden es gut, dass die S-Bahn alte Fehler nicht wiederholen will", sagte Jens Wieseke vom Fahrgastverband IGEB. "Der alte Senat hat versagt. Er schiebt seine Entscheidung über die S-Bahn-Zukunft seit Monaten vor sich her", kritisierte Stefan Kohte vom Verkehrsclub Deutschland. Er würde nicht darauf wetten, dass alle Züge bis 2017 fertig werden. "Gut möglich, dass die alten Bahnen, die ausgemustert werden sollten, im Einsatz bleiben. Uns rennt die Zeit davon."