Samuel Salzborn ist Berlins neuer Beauftragter gegen Antisemitismus
Der Politikwissenschaftler forscht seit 20 Jahren über alle Facetten der Judenfeindlichkeit in der Gesellschaft.

Berlin-Samuel Salzborn will, dass das jüdische Leben in Berlin wieder zu einer Selbstverständlichkeit wird, dass man nicht diskutieren muss, wie gefährlich es ist, eine Kippa zu tragen. Seit Montag ist Salzborn Beauftragter gegen Antisemitismus des Landes Berlin. Der 43-jährige Politikwissenschaftler hat sich unter 50 Bewerbern durchgesetzt. Bisher wurde das Amt kommissarisch geführt.
Der neue Antisemitismusbeauftragte sei ein ausgewiesener Kenner des Antisemitismus aus wissenschaftlicher Sicht, sagt Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) bei der Amtseinführung. Mit der Besetzung des Amtes folgt Berlin dem „Landeskonzept zur Weiterentwicklung der Antisemitismus-Prävention“, das im vorigen Jahr beschlossen wurde und die Einsetzung eines Beauftragten vorsieht.
Salzborn ist in Hannover geboren. Der Sohn einer Lehrerin und eines Wissenschaftlers studierte in Hannover Politikwissenschaft, Soziologie, Psychologie und Rechtswissenschaften, er promovierte in Köln und habilitierte an der Universität Gießen zum Thema „Antisemitismus als negative Leitlinie der Moderne“. Er lehrte an verschiedenen Hochschulen, 2017 übernahm er für zwei Jahre eine Gastprofessur für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin.
Seit rund 20 Jahren befasst sich Salzborn mit der Judenfeindlichkeit in all ihren Facetten. „Mit dem rechten, aber auch dem linken Antisemitismus, mit Antisemitismus, der einen christlichen oder auch islamischen Hintergrund hat, und auch dem Antisemitismus aus der Mitte der Gesellschaft.“ Drei Säulen stehen nun im Mittelpunkt seiner Arbeit: die Prävention vor allem an Schulen, die Intervention und die Repression. Jüdisches Leben solle in der Stadt normale Realität werden – und nicht der Antisemitismus auf der Straße, so Salzborn.
Nach seiner Einschätzung ist Berlin bei der Bekämpfung des Antisemitismus anderen Bundesländern voraus. Doch auch hier sei man in der Defensive, weil die Agenda der Auseinandersetzung mit Antisemitismus derzeit von antisemitischen Ereignissen bestimmt werde. Allein im vorigen Jahr registrierte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Berlin fast 900 antisemitische Vorfälle. Salzborn erklärt, antisemitische Gewalt sei nicht mehr hypothetisch, sondern schon lange Realität. Das zeige der Terroranschlag von Halle.