Schleuserstreik: Verdi fordert Tarifvertrag beim Behördenumbau
Berlin - Wenn es um vermeintlich nutzlose oder zumindest überdimensionierte Behörden geht, nennen Kritiker gern die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV). Tatsächlich sprechen die Zahlen nicht gerade für Effizienz: In sieben Schifffahrtsdirektionen, 39 Wasser- und Schifffahrtsämtern und sieben Neubauämtern arbeiten 12.500 Menschen. Die WSV ist damit die größte Verkehrsbehörde, sie verwaltet aber nur zwölf Prozent des deutschen Transportaufkommens. Bei manchen Ämtern ist der Schiffsverkehr so gering, dass er in Statistiken gar nicht mehr darstellbar ist.
Kein Wunder, dass der Bundesrechnungshof immer wieder den Umbau gefordert hat. Nachdem jahrelang nichts passierte, legte Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) eine Reform vor, die im Grundsatz von allen Seiten gelobt wird. Doch durch ungeschicktes Verhalten hat er sich nun den Zorn der Gewerkschaften zugezogen.
Ramsauer will einen Weg gehen, den beispielsweise die Grünen schon seit langem fordern: Erstmals soll bei den Wasserstraßen nicht mehr ins Blaue hinein gebaut werden. Einen Ausbau von Flüssen und Kanälen soll es in Zukunft nur noch dort geben, wo es durch das Verkehrsaufkommen auch gerechtfertigt ist. In weitere Kategorien werden die Wasserwege eingeordnet, bei denen zwar kein Ausbau, aber der Erhalt notwendig ist. Der Rest soll aufgegeben und der Natur überlassen werden. Dieser Struktur soll auch die WSV angepasst werden, etwa durch eine Konzentration der Direktionen und Ämter. Die Zahl der Mitarbeiter soll auf 10.000 sinken.
Verdi geht auf die Barrikaden
Das rief die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auf den Plan. Sie forderte den Bund auf, die Konditionen des Umbaus in einem sogenannten Absicherungstarifvertrag festzulegen: Keine betriebsbedingten Kündigungen, kein zwangsweises Umsetzen von Mitarbeitern sowie Regelungen über Ersatzarbeitsplätze und Tarifeingruppierungen. Doch das ging dem für den öffentlichen Dienst zuständigen Innenminister Peter Friedrich (CSU) zu weit. Er blockte ab, Verdi erklärte die Verhandlungen dann im Mai für gescheitert.
Ramsauer, der vor der Bundestagswahl Ruhe in seinem Beritt haben will, griff zu einem anderen Mittel: In seiner Funktion als Arbeitgeber sicherte er den Beschäftigten zu, dass es keine betriebsbedingten Entlassungen geben wird, keine Versetzungen gegen den Willen der Beschäftigten und keine finanziellen Nachteile.
Verdi hält das Vorgehen aber für inakzeptabel. „Ein Gnadenakt des Ministers ersetzt doch keinen Tarifvertrag“, sagt Jan Jurcyk aus dem Bundesvorstand. „Wenn wir so etwas akzeptieren würden, untergraben wir doch das Tarifrecht und die Tarifautonomie“, argumentiert er. Zudem sei die Zusage nicht bindend, eine neue Regierung müsse sich nicht daran halten.“ Deshalb will Verdi nun mit den Streiks einen Tarifvertrag erzwingen.
Ramsauer, dem Streiks mitten im Wahlkampf höchst ungelegen kommen, legte aber nach. In einem Gutachten ließ er sich bestätigen, dass seine Zusagen für alle Regierungen verbindlich sind und ein Tarifvertrag keinen zusätzlichen Schutz der Beschäftigen bringen würde. Doch das Ganze ging nach hinten los. Denn Verdi fühlt sich nun erst richtig provoziert. Der Gutachter, Jura-Professor Gregor Thüsing, ist für die Gewerkschaft nämlich ein rotes Tuch. Er vertritt die Auffassung , dass das Streikrecht im öffentlichen Dienst eingeschränkt werden sollte. „Damit ist die Stoßrichtung von Ramsauer klar: Er will uns das Recht zum Streik absprechen“, heißt es empört bei Verdi. Die Gewerkschaft will jedoch hart bleiben: „Wir wollen einen Tarifvertrag. “